Interview mit Dani Filth von CRADLE OF FILTH

 

 

Ende August in Köln. Der Sommer scheint mit vielen Deutschen in den Urlaub zu fahren, denn die Rheinmetropole wird dieser Tage eher von grauen Wolken und gelegentlichen Regenschauern geprägt, als von sommerlich gekleideten Menschen, die sich auf der Domplattform in der Sonne aalen. Genau das richtige Wetter für die britischen Düster-Metaller CRADLE OF FILTH und ihren charismatischen wie umstrittenen Frontmann Dani Filth, der sich bei diesem Wetter wie zu Hause in Sessex fühlt. „Es sieht hier im Moment wirklich ein bisschen wie in England aus. Seit wir hier angekommen sind hat kaum die Sonne geschienen. Wir sehen also eher die graue Seite von Deutschland. Das ist fast schon ein kleines bisschen Heimat“, lacht Dani, der aktuell schwarz-rote Dreadlocks trägt. Obwohl Daniel Lloyd Davey – so der bürgerliche Name des Sängers – auf dem Sprung ist (der Flieger wartet) nimmt er sich ausgiebig Zeit für sounds2move und straft zugleich alle Mutmaßungen, die seit Jahren über ihn verbreitet werden, Lügen. Der Mann ist keine Diva, kein Diktator (dazu später mehr) und kein arroganter Pinsel. Vielmehr ist er ein offener, freundlicher und lustiger Zeitgenosse, der im Laufe des Interviews gerne auch mal abschweift und die eine oder andere lustige Anekdote zum Besten gibt. Ungeachtet aller Späße geht es an diesem Tag natürlich vor allem um das neue Album „Thronographie“, das am 13.10. in den freien Verkauf kommt.

 

„We don’t need to shock people anymore“

„Ich kann immer noch nicht verstehen, warum die Plattenfirma in den USA unseren ersten Entwurf abgelehnt hat. Das Cover war eigentlich harmlos und es gibt fast keinen Unterschied zu dem, das du jetzt kennst. Unser Grafiker hat wirklich nur eine Kleinigkeit verändert“, äußert der Sänger Zweifel an der Ablehnung des ersten Coverartworks. Zumal CRADLE OF FILTH in der Vergangenheit schon wesentlich schockierendere Artworks und sonstige Designs verwendet haben. „Genau das ist der Punkt. Ok, in der Vergangenheit haben wir es schon manchmal ganz schön drauf angelegt, das gebe ich gern zu. Aber wir müssen die Leute nicht mehr schocken, denn das haben wir in der Vergangenheit schon oft genug getan. Mit unseren neuen Songs muten wir allen schon genug zu“, zeigt Dani sich mit einem selbstironischen Lachen.

 

„We are not a fucking joke-band!“

Der aufmerksame Beobachter könnte in den mitunter schockierenden Artworks auf Platten und Merchandise einen der Gründe für den Erfolg von CRADLE OF FILTH sehen. Gleiches gilt für Klischees, Metaphern und andere Doppeldeutigkeiten, mit denen die Herrschaftern gerne hantieren. Dani Dreck sieht die Sache allerdings ein wenig anders und äußert sich sofort detailiert: „Wir haben schon immer das getan, was wir wollten und nie versucht, möglichst viele Klischees zu erfüllen. Wenn beispielsweise Paul (Allender, Gitarrist der Band – Anm. d. Aut.) an neuen Songs schreibt, dann hört er in dem Moment überhaupt keine Musik, denn wir sind keine Band, die im großen Stil von anderen Bands beeinflusst wurde oder wird. Wir lassen uns hauptsächlich von uns selbst inspirieren und wir waren schon immer eine Band, die in erster Linie für sich selbst geschrieben hat. Das selbe gilt für meine Texte und ich glaube, dass unsere Fans das zu schätzen wissen und das sie auch das neue Album mögen werden“. Und wie sieht es mit dem markanten schwarzen Humor aus, der CRADLE OF FILTH schon so lang auszeichnet? Auf der 2004er Headlinertour kündigten man sich unter anderem unmittelbar vorm Betreten der Bühne selbst als ‚Die hässlichste Band der Welt’ an und auch die Credits des neuen Album gestalten sich angesichts von Auflistungen der Marke „Dani ‚Harlot Church’ Filth – The Poison in the Font“ oder „Charles ‚Molester’ Hedger – The Beast with five Fingers“ einmal mehr nicht unbedingt alltäglich. Dani pocht hier allerdings auf eine deutliche Differenzierung: „Im Bezug auf unsere Alben beschränken wir uns meistens auf wenige Worte in den Credits. Unser Humor hat aber keinerlei Einfluss auf meine Texte und genauso wenig auf unsere Musik. Ich meine, wir sind keine verdammte Joke-Band und wir machen keine Witze über irgendwelchen Mist. Unsere Musik nehmen wir unheimlich ernst, aber man kann nicht ununterbrochen ernsthaft sein. Wenn wir das versuchen würden, dann würden unsere Köpfe explodieren“, lacht Dani. „Wir sind auch bei unseren Interviews immer ganz natürlich und haben öfters mal einen blöden Spruch parat. Aber das reflektieren wir niemals auf die Musik. Und auch wenn viele Leute sagen, dass wir wegen unserem Humor eine Fun-Band wären, dann kann ich denen nur immer wieder sagen, dass unsere Alben unabhängig davon musikalisch immer zu 100% seriös sind“, stellt der Schreihals seinen Standpunkt klar. Und weil Dani Filth nicht auf den Mund gefallen ist, schiebt er nach einer kurzen Denkpause nach: „Nimm nur Darkthrone. Die machen sich manchmal einen Spaß daraus, sich vor und während Interviews zu betrinken. Aber das ist kein Problem und nur deswegen sind sie keine Spaß-Band, im Gegenteil machte es sie sogar menschlich. Es ist grässlich, wenn die Leute einem so etwas vorwerfen und ich glaube, wir werden die Leute ab sofort töten, wenn sie so einen Scheiß über uns erzählen“, grinst der Brite.

 

(Not) „Just another gay album of a gay band“

Für ihr achtes Album (wertet man das Mini-Album „Vempire“ von 1996 als vollwertige Veröffentlichung) haben sich CRADLE OF FILTH viel Zeit genommen. Schon zum Beginn des letztjährigen Sommers haben sich die Herren in ihren Proberaum zurückgezogen, um all ihre Energie und Kreativität in das neue Album zu stecken. Zwischenzeitlich gab es jedoch auch kleinere Pausen um etwa einen der im Sommer 2005 sehr raren gesäten Festivalauftritte von CRADLE OF FILTH zu bestreiten oder einfach auch mal auszuspannen und die Distanz zum Arbeitsprozess wiederzugewinnen. Diese „Zeit um sich selbst zu reflektieren“, wie Dani Filth es nennt, tat dem Album unheimlich gut und schärfte zudem den Sinn für das Wesentliche. Außerdem konnte die Band sich auf diesem Weg für Neues öffnen, ohne dabei die Erwartungen der Anhänger vor den Kopf zu stoßen. Eine dieser Neuerungen ist „Rise of the Pentagram“, das erste Instrumentalstück, das CRADLE OF FILTH bisher überhaupt auf einem Studioalbum hatten (abgesehen von den diversen Intros natürlich). Doch warum hat die Band sich dazu entschieden, diesen Titel ohne eine Gesangslinie zu belassen? „Na weil es ein Instrumental ist“, flachst Dani und fügt noch immer amüsiert hinzu: „Das Stück ist einfach brilliant. Ich hätte es mit meinem Gesang garantiert ruiniert“. Im selben Atemzug folgt dann die einleuchtende These: „Unsere Alben sind immer um die 60 bis 70 Minuten lang. Ich finde da ist dieses Instrumentalstück eine willkommene Verschnaufpause um durchzuatmen für die letzen beiden Stücke“.  Eines dieser Stücke ist übrigens die Heaven 17 Coverversion „Temptation“ und damit eine weitere Neuerung im Hause Filth. Erstmalig hat sich die Band hier an einem 80er Wave-Klassiker vergangen, der „nicht nur bei Homosexuellen besonders beliebt ist, sondern den wir auch so umgeschrieben haben, dass er in den Kontext von CRADLE OF FILTH passt“, erklärt der Sänger. Der weibliche Gesang auf diesem Stück stammt übrigens von einer britischen Sängerin, die in L.A. lebt und auf den sonderbaren Künstlernamen „Dirty Harry“ hört. „Sie hat eine tolle Stimme, sieht ein bisschen aus wie Claudia Schiffer und könnte als böse Version von Doro Pesch durchgehen“, beschreibt Filth die Gute kurz und knapp und lässt dabei ganz nebenbei sein Fachwissen über deutsche Blondinen durchblitzen. Dabei sollte zuerst eine norwegische Blondine den Job übernehmen, nämlich Liv Kristine, die schon auf dem Grammy-nominierten Titelstück des Vorgängers „Nymphetamine“ zu hören war. Doch die Band sah sich Gefahr laufen, sich zu wiederholen und so entschied man sich für die sehr punkig und räudig klingende „Dirty Harry“.

 

„Loads and loads of sounds? No, thanks“

Viele Fans, denen etwa „Damnation and a Day“ mit seinem bombastischen Sound schwer im Magen lag, wird es freuen zu hören, dass CRADLE OF FILTH den Umfang ihres Klanggebildes auf „Thornography“ deutlich zurückgefahren haben. Wo früher weite Keyboardflächen prägend über den Songs lagen, trifft man jetzt auf gezielteren Einsatz von Tastenklängen. Auch epische Chöre wurden auf ein Minimum reduziert, wodurch auch das inoffizielle Bandmitglied Sarah Jezel Deva (Angtoria) auf dem neuen Album nur sporadisch zum Zuge kommt. „Wir haben dieses Mal außerdem nicht diese Massen an Leadvocals, sondern den Gesang nur dort eingesetzt, wo er auch nötig war“, erläutert der geschwätzige Brite seinen Part. Auf ein Intro wurde dennoch nicht verzichtet, nur mit dem Unterschied, dass die musikalische Einleitung mit dem außergewöhnlichen Titel „Unter pregnant skies she comes like Miss Leviathan“ nicht von CRADLE OF FILTH, sondern aus der Feder von Chris Rehn (Angtoria) stammt, der auf jahrelange Musical-Erfahrung zurückgreifen kann. Insgesamt wirkt die komplette Produktion sehr aufgeräumt, was Dani sofort bestätigt: „Vollkommen richtig, alles wurde mit mehr Bedacht eingesetzt und versucht auf den Punkt zu bringen. Normalerweise haben wir bis zu 6 Gitarrenspuren, dieses Mal sind es nur 2 und es klingt trotzdem gewaltig. Das Album klingt einfach organisch und scheint geradezu zu atmen“, zeigt unser Protagonist seine Begeisterung.

 


Prominente Runde während der Studiozeit: (v.l.) Andy Sneap, Luna Davey (Dani's Tochter), Dani Filth, Doug Bradley, Paul Allender

 „This guy is so Metal!“

Für den Enthusiasmus des Sängers sind in erster Linie alte Bekannte verantwortlich, die das Album in die richtigen Bahnen lenkten und mit der Band auf einer Wellenlänge liegen. Die Rede ist von Produzent Rob Caggiano (u.a. auch Anthrax) und von Klang-Koryphäe Andy Seap, der für den Mix zuständig war. Eine extrem wichtige Rolle spricht Dani aber auch Engineer Dan Turner zu, der ebenfalls nicht zum ersten Mal mit CRADLE OF FILTH gearbeitet hat. „Er arbeitet schon genauso lang mit uns zusammen wie Rob und ist für uns auch ebenso wertvoll“, ist der Familienvater einmal mehr voll des Lobes für einen seiner Partner. Doch die Spitze der Lobhuldigungen ist noch lange nicht erreicht, denn erst jetzt kommen wir konkret auf Andy Sneap zu sprechen. Wie auf Knopfdruck sprudelt es plötzlich aus dem ohnehin schon geschwätzigen Bleichgesicht heraus: „Andy Sneap ist brillant und ein absoluter Star! Er hat Unglaubliches mit unserem Album gemacht und der Typ ist so was von Heavy Metal, das glaubst du nicht...! Du kannst mit ihm über jede beliebige Band auf diesem Planet sprechen – er kennt sie alle und weiß alles. Mit ihm zu mischen ist unglaublich einfach und wenn du ihm ein paar Anweisungen gibst und nach ein paar Stunden wiederkommst, dann spielt er dir etwas vor und fragt dich unsicher ‚Was hältst du davon?’ und dabei hat er genau das umgesetzt, was du versucht hast mit deinen Notizen auszudrücken. Wenn dir dann beim Hören irgendeine Band einfällt und du den Namen laut sagst, dann pickt er dir genau die entsprechende Stelle aus deinen Aufnahmen heraus und sagt etwas wie ‚Ach genau, das war dieser und jeder Effekt, den sie damals 1996 bei Song XY benutzt haben. Das war auf ihrem zweiten Album’. Und normale Menschen wie du und ich sitzen mit offenem Mund daneben und nicken nur geistesabwesend“, lacht der Mann, der zusammen mit Gitarrist Paul Allender noch immer persönlich für sämtliche CD- und T-Shirt Cover zuständig ist.

 

„It's Heavy Metal – it has to look horrible!“

Die Rolle des Erzählers auf „Thornographie“ ging ebenfalls an einen Wiederholungstäter: Doug Bradley, den Mann, der im britischen Horrorklassiker „Hellraiser“ die Rolle des „Pinhead“ übernommen hatte. Ursprünglich hatte man versucht für das neue Album Tony Todd zu verpflichten, der zu Beginn der Neunziger den „Candyman“ im gleichnamigen Gruselschocker gespielt hatte. Nach einigem Hin und Her mit dessen amerikanischer Agentur schoss man die Idee jedoch schnell wieder in den Wind und vertraute auch hier lieber auf Konstanten. Dani: „Er ist so ein netter Kerl, völlig anders als der Charakter in den Hellraiser-Filmen. Wenn man sich mit ihm unterhält, dann glaubt man nicht, dass das der Kerl mit den Nägeln im Kopf sein soll – weil er einfach viel zu liebenswert dafür ist. Ich habe ihn sogar meiner kleinen Tochter vorgestellt, ‚Den musst du unbedingt kennen lernen’ habe ich gesagt - aber zuerst habe ich ihr ein bisschen aus dem Film gezeigt. Da hat sie sich erst einmal ziemlich erschreckt und hatte sogar Angst vor ihm. Aber nach nur 5 Minuten liebte sie ihn und wollte gar nicht mehr weg von dem netten Onkel“. Nur wenige Leute wissen bis heute übrigens, dass Toni Davey (die Ehefrau des Mr. Filth) sich unlängst dazu überwunden hat, für das Debütalbum der Band ihrer Freundin Sarah Jezebel Deva oben ohne zu posieren. Angesichts dieser pikanten Tatsache müssten doch sogar unserem schlagfertigen Witzbold die Poenten im Halse stecken bleiben, oder? Aber weit gefehlt: „Sie hat doch großartige Dinger oder etwa nicht?“. Stille. Und nach einer Sekunde, in der ich mich frage, ob ich mich nicht verhört habe, zerreißt wieder dieses schelmische Lachen die Stille. Der kleine Mann mit dem gewöhnungsbedürftigen Dialekt hat offensichtlich Spaß an diesem Nachmittag. „Nachdem sie das fertige Cover gesehen hat, war sie übrigens entsetzt und meinte zu mir ‚Das sieht ja schrecklich aus’ (der Oberkörper wurde digital mit Blut und Narben überzogen, Anm. d. Aut.). Da erwiderte ich nur ‚Warum denn? Das ist ein Heavy Metal Cover – das MUSS schrecklich aussehen!“, fährt Dani fort. Wer möchte da wiedersprechen?

 

„I think we piss a lot people off“

Einen hinlänglich bekannten Sänger, der ebenfalls einen Gastauftritt auf „Thornography“ hat, wollen wir natürlich nicht vergessen – Ville Vallo. Der Him-Frontman steuerte einige Passagen zum atmosphärischen „The Byronic Man“ bei und verleiht dem Stück durch seine tiefe Stimme einige interessante Facetten. Der Kontakt zum hageren Finnen kam – man kann es sich denken – über den gemeinsamen Freund und MTV-Proleten Bam Magera zustande, der beide Bands bereits mehrfach in seiner Show „Viva la Bam“ zu Gast hatte. „Als ich den Song geschrieben habe, wusste ich genau, dass wir hier einen besonderen Gesang brauchen, aber mit meiner Stimme hätte der Song nicht funktioniert, weil meine Stimme für diese Sache nicht gemacht ist. Also kamen wir auf die Idee Ville zu fragen und er verkörpert für mich wie kaum ein anderer dieses Bild von einem Baron, einem Herrscher. Seine helle Haut, seine majestätische Art und all die Frauen, die ihn verehren – er war die perfekte Wahl“, erzählt Dani. Dass die Band damit den Ausverkauf-Rufern geradezu eine Steilvorlage geliefert hat, indem sie den berühmten und in allen Medien präsenten Rock-Star auf ihr neues Album geholt haben, interessiert den CRADLE OF FITLH Frontmann nicht im Geringsten: „Es ist mir egal was die Leute sagen. Wir haben es nicht wegen der verdammten Publicity oder so getan, sondern wir hielten es als Band einfach für eine gute Idee. Und ein ganz winzig kleines bisschen wollte wir damit auch den ewigen Meckerern ans Bein pinkeln, denn uns war klar, dass sich gewisse Leute furchtbar darüber aufregen werden. Aber der Mann hat eine tolle Stimme, das kann man nicht wegdiskutieren“. Im Nachhinein hätte die Band Villes Anteil sogar noch deutlich ausbauen können, denn der Frauenschwarm hatte haufenweise Gesangslinien eingereicht. Letztlich begnügte man sich jedoch mit knapp 40 gesungenen Sekunden, die gleichzeitig den Höhepunkt des knapp 5 Minuten langen Stückes darstellen.

 

 „I am not a dictator, I just love this band“

Zwischen dem letzten Album „Nymphetamine“ und dem neuen Silberling hat sich bei CRADLE OF FILTH unterdessen wieder einmal das Besetzungsrad gedreht. Keyboarder Martin Powell hatte die Band nach 5 gemeinsamen Jahren aus persönlichen Gründen in Richtung der neu gegründeten Prey verlassen und wurde auf dem neuen Album wie auch bei ein paar Konzerten durch eine bislang nur den wenigstens bekannte Keyboarderin ersetzt, die laut Dani (noch) nicht zum festen Line-Up der Band gehört und augenzwinkernd als „eigentlich viel zu talentiert für uns“ bezeichnet wird. Angesprochen auf die häufigen Auswechslungen im Hause CRADLE OF FILTH (seit der Gründung im Jahr 1991 kamen, gingen und blieben über 15 Musiker) versucht der Frontmann auch die zu berücksichtigende Natürlichkeit dieses Prozesses zu beleuchten: „Du zum Beispiel schreibst für ein Magazin. Und euer Team ist sicher auch nicht immer das Gleiche. Einige Leute kommen neu dazu, andere steigen aus und so weiter. Aber das ist normal und verleiht der Sache frischen Wind. Wobei wir genau wie ihr natürlich keine Drehung um 180° machen, schon allein weil die Leute eine gewisse Erwartung haben, was auch gut ist, denn das heißt, dass sie wissen, was sie an einem haben. Nimm nur unseren ehemaligen Keyboarder Les (Smith, 1998 bis 1999 bei Cradle of Filth, Anm. d. Aut.): Er war damals sehr jung und hat uns verlassen, weil er zurück an die Uni wollte um sein Studium zu beenden. So etwas kommt vor und ist völlig normal“. Und wo wir gerade schon beim Thema sind, nutzt Filth sogleich die Gelegenheit, um mit einem anderen Gerücht aufzuräumen: „Viele Menschen denken, dass ich eine Art Diktator wäre und nach Lust und Laune Musiker feuern würde, aber das ist totaler Unsinn. Unsere Band ist grundsätzlich eine Demokratie, egal um was es geht. Leider ist es dann meistens an mir bei unangenehmeren Sachen Klartext zu reden. Doch das ist ok, denn ich liebe diese Band und will immer nur das Beste für sie“. Und wenn man diese Sätze so aus dem Mund des unkomplizierten und fröhlichen Mr. Filth hört, dann ist man gewillt, dies zu glauben.

 

Aber wo wir gerade bei Schreibern waren: Auch das CRADLE OF FILTH-Aushängeschild ist jüngst unter die Autoren gegangen. Das Buch „The Gospel of Filth“, welches Dani gemeinsam mit Gavin Baddeley geschrieben hat, steht kurz vor der Vollendung und soll möglichst schnell (vorerst nur in englischer Sprache) erscheinen. Zudem verrät Dani, dass er angefangen hat für die amerikanische Version des Männermagazins Hustler zu schreiben. Einen hohen Unterhaltungswert hat dieser Mann definitiv, da können sich dessen Leser schon mal auf ein paar Anekdoten gefasst machen. Kurz vor dem Ende des Interviews fällt dem Sänger dann noch eine vermeidlich wichtige Frage ein: „Du hast unser Album doch schon gehört. Ich hab’ dich noch gar nicht gefragt, ob es dir überhaupt gefällt“. Die ehrliche Antwort: „Ja klar. Es klingt zwar anders, aber ich mag es“. Dani: „Ok, das musstest du jetzt sagen. Du hättest schlecht nein sagen können“, flachst er. „Nicht unbedingt, denn ich werde für meine Texte nicht bezahlt. Wenn das Album ein Haufen Scheiße wäre, dann würde ich mir die Zeit für dieses Interview sparen“, erwidert der Autor dieses Artikels. „Das ist natürlich ein gutes Argument“, stimmt Dani grübelnd zu. „Da muss ich dir wirklich Recht geben“. Und zum ersten und einzigen Mal hat mein Gegenüber keine passende, spaßige Antwort mehr parat. Wer hätte damit noch gerechnet?

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

Link: www.cradleoffilth.com