Interview mit Bernhard Horn von CALLEJÓN

 

 

Für den Anfang: Wie kommt man als eine Band, die definitiv eine Horror-Vorliebe hegt dazu, sich einen spanischen Bandnamen zuzulegen? Wie seid ihr darauf gekommen?


Das war an dem Abend, als wir uns entschlossen hatten, zusammen eine Band zu gründen... Wir hatten da so eine Sackgassen-Theorie, die die Grundbefindlichkeit des Menschen im Universum erklärt - jedenfalls in unserer Wahrnehmung an jenem Abend, wir waren ziemlich blau... jedenfalls wollten wir diese Sackgassen-Thematik in unseren Bandnamen einfließen lassen, aber "Sackgasse" hört sich nach eine Punkband an, und das englische "Deadend Street" hat uns auch nicht wirklich überzeugt, also lag nichts näher, als im spanischen Taschenwörterbuch nachzuschlagen, haha... Der Klang des Wortes und die Tatsache, dass ein spanischer Name für eine deutsche Band auch eher ungewöhnlich ist, hat uns dann überzeugt.
 
Ihr bezeichnet euren Sound selber als Zombiecore, wobei sich hinter dieser blumigen Eigendefinition nichts anderes als Metalcore verbirgt. In diesem Zusammenhang nun die Frage nach euren musikalischen Einflüssen, welche Bands sind eure Idole und haben euch zum Metalcore gebracht?


Die Bezeichnung "Zombiecore" bezieht sich eher auf die inhaltliche und textliche Ebene der Platte als auf die musikalische. "Zombiecore" ist als Ausdruck einfach griffig und passend. Wir hatten auch überlegt, es uns ganz einfach zu machen, und es die schlichte Bezeichnung "Metal" auszupacken, was dann aber wieder zu breit gefächert wäre, denn von Avantasia bis Dimmu Borgir sind ziemlich viele Musikstile Metal. Wir haben auch kein Problem damit, wenn man unseren Stil als "Metalcore" bezeichnet, aber ich denke doch, dass diese Definition nicht wirklich bei uns greift, weil wir ja auch viele traditionelle Metal-Elemente mit einbringen. Letztendlich sind solche Kategorisierungen von dem Stil einer Band sowieso nicht das, worauf wir unbedingt scharf sind, aber es ist für Presseinfos, etc. nun mal unerlässlich. Insofern sind die Bands, die uns zur Musik gebracht haben auch teilweise sehr unterschiedlich. Unser Drummer Bodo beispielsweise kommt eigentlich vom Fusion Jazz und Buschy, der andere Gitarrist, vom 80er Rock.
 
 
Bei näherer Betrachtung eurer Line Up-Geschichte fällt auf, dass ihr bisher vor allem am Bass einige Wechsel zu verzeichnen habt. Ist der Bass bei euch solch eine undankbare Position oder wie kommt es, dass ihr bis jetzt insgesamt drei Mal den Bass-Mann wechseln musstet?


Das mit den Besetzungswechseln hatte prinzipiell nichts mit den jeweiligen Instrumenten/Positionen in der Band zu tun, wir hatten ja auch Wechsel an der zweiten Gitarre und zuletzt an den Drums. Die Gründe dafür waren meistens der immense Zeitaufwand, den die Band mit sich bringt und den nicht jeder aufzubringen bereit war. Aber an Musikerwitzen werden bei uns trotzdem mit Abstand am meisten über Bassisten gerissen.
 
 

Alle Texte auf "zombieactionhauptquartier" sind in Deutsch gehalten, was für eine Metalcore Band durchaus ungewöhnlich ist. Habt ihr nie mit dem Gedanken gespielt auf englische Songtexte umzusteigen, um auch für das Ausland attraktiver zu sein, oder kommt das für euch nicht in Frage?


Unser Sänger Basti schreibt ja unsere Lyrics, und wir hatten damals zuerst englischsprachige Texte, die sich aber einfach nicht richtig angefühlt haben. Es ist halt sehr viel schwieriger, seine Gedanken in einer Sprache zu formulieren, die man nicht als Nativespeaker beherrscht. Basti hat dann das Ganze einfach mal auf Deutsch ausprobiert, was uns sofort überzeugt hat. Mittlerweile haben wir nur noch deutschsprachige Texte auf der Platte, was inzwischen ein Charakteristikum für die Band geworden ist. Nach wie vor kommt das ja bei Kapellen dieser musikalischen Stilrichtung eher selten vor. Wir sind bislang jedenfalls sehr gut damit gefahren, und auch im Ausland sind deutsche Lyrics ja durchaus ein Exotenbonus.
 

Das Album wurde produziert von Eike Freese, der neben seiner Tätigkeit als Produzent vor allem als Frontmann der deutschen Melodic Death Band Dark Age bekannt ist. Wie ist es zur Zusammenarbeit mit Eike Freese gekommen bzw. wie war es, mit ihm zu arbeiten?

 
Wir haben im Vorfeld der Produktion einige Produzenten ausprobiert, und unter anderem wurde uns auch Eike empfohlen. Als wir dann zwei Nummern probeweise aufgenommen haben, waren wir uns eigentlich alle sofort einig, dass wir mit ihm arbeiten wollen. Er hat sofort verstanden, was die Band musikalisch und soundtechnisch will, und wir haben uns in jeder Hinsicht bestens ergänzt. Er arbeitet sehr konzentriert und perfektionistisch, und trotzdem haben wir uns bei ihm pudelwohl gefühlt. Er hat definitiv das Beste aus uns und aus den Songs rausgeholt, er ist während der Recordingzeit zum sechsten Bandmitglied geworden. Es ist fast schon schade, dass die Aufnahmen schon wieder vorbei sind.
 
Lass uns nun ein wenig über die Songs quatschen: Ein Song auf dem Album heißt "Tanz der Teufel". Hat der Song etwas mit dem gleichnamigen Kult-Film von Sam Raimi zu tun, oder um was geht es in dem Song?


Nur bedingt. Wir sind über den Film auf den Titel gekommen, aber der Song dreht sich tatsächlich mehr um Luzifer als um Evil Dead. Wir haben darin ja auch einige Blackmetal-Elemente und der entsprechende Text kann natürlich nicht von Bienen und Blumen handeln... trotzdem ist ein gewisses Augenzwinkern natürlich nicht von der Hand zu weisen.
 
Beim Song "Porn from Spain" habt ihr mit Rapper Nico von der deutschen Hip Hop Combo KIZ gearbeitet. Wie kam es zu dieser Kooperation und wieso habt ihr euch gerade für Nico bzw. ein KIZ Mitglied entschieden?


In dem Song geht es um festgefahrene Szenekonventionen, und wie lächerlich es ist, sich von solchen Dingen in seinem Verhalten und Denken einschränken zu lassen. Einige Leute glauben zu wissen, was man als Band oder als Fan machen darf und was nicht. Wir wollten damit brechen und etwas machen, das keiner erwarten würde. Und KIZ sind ja der Inbegriff der szeneuntypischen Hiphop-Band, deshalb passt der Part von Nico einfach in den Song wie die Faust aufs Auge. Wir haben ihn also gefragt, was er davon hält und er hat direkt zugesagt, was natürlich extrem cool war. Die Zusammenarbeit mit ihm war auf jeden Fall eines der Highlights während der Aufnahmezeit. Wir haben Nico im Vorfeld eine Demoversion von dem Song zugeschickt, er kam dann mit dem Zug aus Berlin nach Hamburg, rief morgens um 11 aus dem ICE an und meinte, dass er wegen irgendwelchen Gleisarbeiten später kommt, dass das aber auch egal ist, weil er eh noch an seinem Text arbeiten muss. Wir haben ihn dann am Bahnhof abgeholt und zum Studio gefahren, ein bisschen gequatscht, und als wir dann da waren, hat er seinen Text fertig geschrieben und eingerappt. An dem Abend sind wir dann noch in Hamburg losgezogen, waren zuerst in einem Metalschuppen, bis Nico uns bei einer R'n'B Party eingeschleust hat, bei der wir uns aufgrund eines amtlichen Alkoholpegels ziemlich daneben benommen haben. Es war jedenfalls sehr beeindruckend, Nico im Studio zu beobachten und wir hatten auch ansonsten ne Menge Spaß zusammen.
 
Der Song "Phantomschmerz" ist zweifellos euer bisher emotionalster Song, der dementsprechend auch nur mit klar gesungenen Vocals aufwartet. Wie ist die Idee für diesen Song entstanden? War es für euch eine Herausforderung einen solch gefühlsbetonten Song zu schreiben bzw. in die Tat umzusetzen?


Wir hatten einfach mal Bock eine ruhigere, balladeskere Nummer zu machen, um auch eine andere Seite der Band herauszustellen. Wir hatten schon länger mit dieser Idee gespielt, sind aber nie dazu gekommen es umzusetzen. Prinzipiell ist der Song aber entstanden wie die anderen auch, da wir außer Metal auch noch eine ganze Bandbreite an anderem Zeug hören, und gerade Buschy ist ausgesprochener Rockballaden-Fan.
 
Wieso beschwört ihr in "Das Ende von John Wayne" gerade das Ableben eines der größten Western-Helden herauf?


In dem Song geht es weniger um die Western-Thematik, sondern eher um die mediale Nutung, die in unserer Gesellschaft stattfindet, und darum, dass wir im TV, Radio, Internet etc. Dinge vorgelebt bekommen, die fernab der Realität liegen, aber als Wirklichkeit ausgegeben werden. Man muss schön und beliebt sein, man muss singen und tanzen können, materieller Wohlstand ist eine uneingeschränkt erstrebenswerte und absolute Zielsetzung. John Wayne verkörpert den makellosen und moralisch unbefleckten Helden mit der weißen Weste, der nichts anderes ist als ein idealisiertes Konstrukt. Wir wollen mit dem Song die Leute zum Nachdenken anregen, daran erinnern, dass man sich realistische Ziele setzen und sich selbst treu bleiben muss. Um den Song zu zitieren: "Helden gibt's nicht - nur im Kino. Schau dich selbst an, Versager der du bist."
 
Hier mal meine Top 5 der Zombie-Filme, sag mir einfach mal, ob du die Filme kennst und was du darüber denkst:


Okay, ich bin zwar nicht so ein Zombiefilmexperte wie unser Sänger Basti, aber ich werde mein Bestes geben:
 
Braindead (Peter Jackson): Einer der ersten Filme aus dem Genre, die ich gesehen habe, den ich ob seines abstrusen Humors auch schätze, aber den ich einfach zu oft gesehen habe, um ihn mir noch mal anzuschauen. Vor allem, weil wir damals nur die holländische Synchron-Fassung hatten.
 
Shaun of the Dead: Sehr geile Parodie auf die neueren Zombiefilme, glücklicherweise auch nicht minder blutig. Ich mag den englischen Humor.
 
Geisterstadt der Zombies (Lucio Fulci): Fulci ist einer der Großen, aber ich mag Zombi 2 (Zombie Flesh Eaters) lieber.
 
Return of the Living Dead: Da bevorzuge ich das Original von Romero. Dan O'Bannon ist als Drehbuchautor besser als als Regisseur.
 
Resident Evil: Ich mag Milla Jovovich zwar ganz gerne, aber an moderneren Zombiefilmen finde ich das Dawn of the Dead-Remake oder 28 Days/Weeks Later besser. Ich stehe nicht so auf computergenerierte Zombies.
 
Zum Abschluss nun noch die alles entscheidende Frage: Was bevorzugt du, den originalen Dawn of the Dead von George A. Romero, oder vielleicht doch das Remake?


Das ist wie wenn man fragen würde: "Hörst du lieber alte Slayer oder die letzte Darkest Hour?" Natürlich sind viele Parallelen vorhanden, aber letztendlich sind es zwei sehr unterschiedliche Filme. Ich mag beide gerne, Romero ist halt bedrückender und das Remake actionlastiger. Beides hat seinen Charme.

 

Nando Rohner – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.callejon.de