Interview mit Andy Dörner von CALIBAN

 

 

Andy, wie würdest du „The Awakening“ beschreiben und was sind die größten Unterschiede zu den Vorgängern?

Insgesamt geht alles weiter nach vorne – egal ob musikalisch oder textlich gesehen. Die Texte sind positiver als früher. Auch musikalisch haben wir eine kleine Richtungsänderung eingeschlagen. Es ist natürlich immer noch Caliban, aber auch anders für unsere Verhältnisse. Der größte Unterschied für mich ist, dass ich textlich mehr nach vorne gehe und positiver schreibe als früher. Wir sagen auch gerne, dass die Platte die besten Momente der letzten Beiden zusammenfasst. Es ist mehr Metal und wir haben den Gesangsanteil auch verringert, dafür aber die, die wir noch haben weiter ausgeschmückt.

 

Viele Fans haben kritisiert, dass auf „The Undying Darkness“ zu viel klarer Gesang ist, auf der Neuen hingegen nur auf fünf Songs. War das beabsichtigt aufgrund der Kritik?

Nein, wir wollten insgesamt ein härteres Album schreiben. Den klaren Gesang haben wir, wie bereits gesagt, weiter ausgeschmückt und er ist auch „poppiger“. Wir hatten einfach Lust darauf wieder härter zu werden. Kritik ist eine Sache, ob man sich die aber anhört ist eine andere.

 

Haben sich die Wünsche der Fans, generell wieder härter zu sein, auf das Songwriting niedergeschlagen?

Die Platte geht schon „back to the roots“. Die Songs sind rauer, rotziger, es sind ein paar Blastbeats zu hören, es gibt vertrackte Parts und viel mehr Kleinigkeiten, die erst bei mehrmaligen Durchgängen entdeckt werden. Wir berücksichtigen natürlich auch ein kleines bisschen was die Leute sich wünschen, aber wir haben eine Platte gemacht, wie wir sie wollten.

 

Wie kam es dazu, dass diesmal nicht wieder Anders Friden von In Flames produziert hat sondern Marc und Benny Richter?

Es lag an den Zeitplänen von uns und Anders. Er wollte uns gerne wieder produzieren. Aber dann haben wir uns in der Band entschieden, vielleicht doch jemanden neuen zu nehmen, obwohl wir sehr zufrieden sind mit den letzten beiden Alben. Bei „The Undying Darkness“ war aber nicht so viel Entwicklung. Benny hat schon auf dem letzten Album ein paar Keyboards eingespielt. Er hat jetzt angefangen zu produzieren und ein sehr krasses Musikverständnis. Er hat uns auf jeden Fall weiter gebracht. Es wurde viel mit tonalen Sachen gearbeitet und wenn Benny sagte: „Spiel den Ton da und da“, hatte es sofort eine ganz andere Stimmung.

 

Gab es Unterschiede in den beiden Produktionen von Arbeitsweise oder dergleichen?

Allein dass Benny schon ein Freund von uns ist, ist ein Unterschied. Wir hatten viel mehr Zeit zu produzieren mit ihm, weil er auch bei uns in der Nähe wohnt und es war viel intensiver. Marc und Benny haben sich immer im Tonstudio von Benny getroffen. Sie haben an den Songs gearbeitet und Benny machte auch Verbesserungsvorschläge. Es war generell entspannter und einfacher. Bei Anders war gar nicht so viel Vorbereitung möglich.

 

Beim Titelsong „The Awakening“ habt ihr sogar ein Piano verwendet, was sonst nur in Intros vorkam. Auch sonst kommen in diversen Parts Keyboards vor, was neu für euren Sound ist. Wie kam es dazu?

Wir wollten eigentlich schon bei „The Undying Darkness“ mehr Keyboards einbauen. Dort tauchen sie allerdings nur in den Details auf. Jetzt wollten wir ausprobieren ob es zu uns passt, es gefiel uns und wir wollten es jetzt weiter ausbauen. Es ist schön bei einem Chorus noch eine Streicherfläche zu haben. Benny ist ja auch Keyboarder und von daher hat das natürlich sehr gut gepasst. Auf „The Awakening“ hat man in fasst jedem Song Keyboards. Wir sind viel bewusster an die Keyboard-Sache rangegangen, oft hört man es richtig oder es kommt in den Details vor.

 

Auf „The Awakening“ hört man bei „Give Me A Reason“ auch Gangshouts von einem Publikum, wo habt ihr die aufgenommen?

Die haben wir in Essen aufgenommen. Wir haben dort die Mikros zum Aufnehmen schon vorher aufgestellt und auch so, dass das man ein wirklich druckvolles Ergebnis bekommt.

 

Textlich scheint es auch etwas positiver zur Sache zu gehen wie schon Songtitel wie „Let Go“, „I Never Let You Down“ oder „Life Is Too Short“ zeigen. Worum geht es in den Songs? Gibt es einen bestimmten Grundgedanken, der sich durch alle Songs zieht?

Es soll alles positiver sein, man soll nach vorne blicken. Es geht diesmal um Zusammenhalt und Freundschaft oder auch darum, sich aufzuraffen wenn man was verändern will. Die altbekannten Negativ-Aspekte und Herzschmerz ist natürlich immer noch da. Letztendlich überwiegt das Positive diesmal aber deutlich.

 

Auch der erstgedachte Albumtitel „From Sorrow To Serenity“ war recht positiv. Wieso musstet ihr den ändern?

Wir wollten den Heiden kein Futter geben, weil der Titel in irgendeinem Text von Killswitch Engage vorkommt. Das wusste von uns allerdings keiner, bis es uns irgendwann mal jemand gesagt hat. Wir mussten den Titel ändern bevor wieder alle meckern. Der Titel war aber schon für das lyrische Konzept sehr passend, also musste etwas Vergleichbares her. „The Awakening“ steht für mich da auch für. „From Sorrow To Serenity“, von der Trauer zur Erlösung, bedeutet für mich eigentlich das gleiche wie das Erwachen von dem Schlechten.

 

Wie lief die „Darkness Over Europe 2007“ Tour?

Super! Ist meine persönliche Lieblingstour als Headliner. Es hat alles super geklappt, egal ob organisatorisch oder von den Konzerten her. Vieles war ausverkauft und das Publikum war auch sehr geil. Und das obwohl wir in der letzten Zeit so viel gespielt haben! Deswegen hatten wir auch ein paar Bedenken, aber die Leute haben uns echt vom Gegenteil überzeugt. An der Stelle auch noch mal ein „Danke“.

 

Auf der Tour hat euer Gitarrist Denis viel besser gesungen als sonst. Hatte er Gesangsunterricht?

Ja, natürlich hat er Gesangsunterricht genommen. Nur durch das viele Touren kann er den nicht immer wahrnehmen. Viele sagen aber, dass er sich im Vergleich zu anderen Touren gut gemacht hat. Es ist oft von der Tagesform abhängend. Wir hatten es auch schon, dass er göttlich gesungen hat obwohl er am Tag davor gesoffen hat, aber auch, dass es scheiße war. Und wenn dann positives Feedback kommt, bestärkt ihn das natürlich auch viel mehr als wenn jeder auf ihm rumhakt.

 

In Großbritannien waren Bleeding Through Headliner. War es komisch für euch auf eurer eigenen Tour nicht überall der Headliner des Abends zu sein?

Es war nicht komisch für uns, denn Bleeding Through sind dort bekannter als wir. Es war eigentlich sogar fast eine Doppelheadlinertour. Die Band, die als letztes spielt hat eben auch die meiste Zeit für Verfügung.

 

Was ist eigentlich aus den Plänen zu eurer DVD geworden? Ihr habt am 11.3.2006 die Show in Oberhausen aufgenommen und wolltet sie veröffentlichen. Euer Bassist Marco sprach auf dem Rock Hard Festival 2006 noch vom letzten Jahr.

Da wurde nichts draus. Wir haben die Show gefilmt, aber es ist einiges schief gegangen. Man konnte es so nicht umsetzen. Dann wollten wir ein Video zu „Nothing Is Forever“ daraus machen, das ist aber auch noch nicht offiziell erschienen. Feste DVD-Pläne haben wir aber nicht. Wir filmen aber immer mal was mit und wenn Roadrunner eine DVD wollen, werden wir auch genug Material haben. So eine DVD ist aber eine arbeitsintensive Sache. Da muss man erstmal schauen.

 

Caliban gibt es mittlerweile seit 10 Jahren. Kannst du uns drei Höhepunkte und drei Tiefpunkte eurer Karriere nennen?

(überlegt) Höhepunkte gibt es einige. Einmal der Wechsel von Lifeforce zu Roadrunner. Allgemein die ganze Reiserei durch die Welt. Konzerttechnisch gesehen waren es Shows in Japan, Moskau, Brasilien und kleine spezielle Shows, die etwas auf dem Rahmen fallen. Negative Sachen sind, dass man Freunde verliert oder zumindest Leute von denen man denkt, dass sie es sind. Auch kann ich oft selber keine Konzerte sehen, weil ich zur gleichen Zeit selber eins gebe, haha. Und langsam werde ich auch zum Alkoholiker, Tour-Alkoholiker, haha.

 

Sebastian Berning – www.sounds2move.de

 

Link: www.calibanmetal.com

Kommentar: "The Awakening" von CALIBAN

Überraschend schnell melden sich Caliban mit "The Awakening" zurück auf der Bildfläche und man möchte sich fragen, wann der Fünfer die Zeit zum Schreiben neuer Songs gefunden haben mag, gehört man doch bekanntlich zu den Kilometerfressern und Vieltourern. Hier könnte auch der Grund dafür liegen, dass für mich persönlich auf diesem Album ein wenig die großen Überraschungsmomente fehlen. Ein gutes Beispiel hierfür ist "Life is too short", das guten Gewissens als "It's our burden to Bleed" Teil 2 durchgehen könnte, was vor allem auf den Chorus zurückzuführen ist. Dem gegenüber stehen allerdings auch echt Kracher, wie etwa das eingängige "My time has come" - was für eine Metalcore-Hymne! Fans der frühen Alben werden sich über die wieder gefundene Härte freuen, denn "The Awakening" klingt wie eine Rückbesinnung auf zurückliegende, deftigere Zeiten (mit ungleich besserer Produktion). Mir ist dieses "Dauerfeuer" auf längere Sicht jedoch einfach nicht spannend genug, obwohl mit dem Titelstück ein sehr gutes Instrumentalstück in der Mitte des Albums einen guten Kontrastpunkt setzt. Außerdem fehlen mir die poppig-eingängigen Passagen, die "The Undying Darkness" einfach zu einem leichter verdaulichen Album gemacht haben.