Interview mit Ace Mark / BIGELF

 

 

Vor Kurzem wart ihr mit Unexpect, Opeth und Dream Theater im Rahmen der "Progressive Nation"-Tour unterwegs, was euch die Gelegenheit gab, recht große Hallen zu bespielen. Habt ihr das Gefühl, dass dies eurer Popularität einen Schub verpasst hat?

 

Ja, wir haben einer vor einer Menge Leute gespielt, die noch nie zuvor etwas von uns gehört hatten, insbesondere in Ländern wie Portugal, Spanien und Italien, in denen wir bis dahin noch nie unterwegs waren. Seitdem sind Bigelf dort ein Thema und unser Plan ist es, Anfang 2010 nach Europa zurück zu kehren.

 

Wart ihr überrascht, als euch Mike Portnoy dazu eingeladen hat, an dieser Tour teilzunehmen?

 

Absolut, es kam für uns wirklich aus heiterem Himmel. Ein gemeinsamer Freund hat Mike unser Material vorgespielt und es hat ihm sofort zugesagt. Anfang 2009 hatten wir dann eine Show in New York, also kam er, um sich von unseren Livequalitäten zu überzeugen und uns zunächst für den europäischen Teil, später auch für den nordamerikanischen Teil der Tour zu buchen. So einfach hat sich das Ganze zugetragen.

 

Eure Musik ist offensichtlich stark von Bands der 60er und 70er Jahre beeinflusst. Legt ihr auch zu Hause in erster Linie Platten aus diesen Jahrzehnten auf?

 

Wir sind alle mit diesen Bands aufgewachsen, aber unser Geschmack beschränkt sich nicht auf nur eine Musikrichtung. Alle Bandmitglieder sind große Musikliebhaber mit offenen Ohren und offenen Geistern, die sich zu Hause Musik verschiedener Stilrichtungen anhören. Ich mag Rock, Pop, Funk, Soul, Blues, Outlaw Country und was auch immer dir sonst an Bezeichnungen einfällt. Es sollte nicht auf Kategorien ankommen, denn letztlich haben wir es doch immer mit Musik zu tun. Das Großartigste daran, seinen musikalischen Horizont zu erweitern, ist es, dass man immer, egal in welcher Stimmung man sich befindet, etwas finden kann, das zu dieser Stimmung passt.

 

Was hältst du von den anderen Bands der diesjährigen "Progressive Nation"-Tour und ihrer jeweiligen Musik?

 

Unexpect sind eine einzigartige Band aus Montreal in Kanada. Sie spielen einen wunderbar schrägen Mix aus Metal, Death, Jazz, Klassik, Folk und mehr. Man muss sich bemühen, alles mitzubekommen, aber es lohnt sich definitiv. Ihr Sound ist wahrlich progressiv und außerdem sind sie auch sehr gut im Feiern, ha ha! Schon vor der Tour war ich ein großer Fan von Opeth. Viele denken, bei ihnen drehe sich alles nur um Death Metal, aber in Wahrheit hat ihre Musik so viele Seiten. Tolle Songs, gespielt von großartigen Musikern. Ich muss zugeben, dass ich vor der Tour mit Dream Theater nicht allzu vertraut war, aber jetzt mag ich sie sehr. Mike Portnoy, John Petrucci und Jordan Rudess sind erstaunliche Musiker, wahre Virtuosen. Zudem haben sie aber auch einige großartige Melodien am Start.
 

Die Produktion von "Cheat The Gallows" bricht ein Stück weit mit dem gegenwärtigen Trend, nach einem immer glatteren Klang von fast unmenschlicher Makellosigkeit zu streben. Habt ihr euch bewusst dafür entschieden, ein wenig Dreck einzubringen, um die Rock-Vibes besser zum Tragen zu bringen?

 

Bigelf haben sich immer schon so angehört, wie sie es auch heute tun, selbst als es unpopulär war oder gar auf keinerlei Akzeptanz gestoßen ist. Dahinter steht keine Berechnung, der bewusste Versuch, retro zu klingen oder Ähnliches. Wir machen einfach das, was wir schon seit Jahren tun und damit hat es sich. Bigelf sind authentisch. Und so muss man Musik auch machen, man kann da nichts vortäuschen. Die Leute können angeberischen Poser-Rock auf Meilen erschnüffeln und wenn du im Rock'n'Roll nicht ehrlich bist, dann bist du in ernsten Schwierigkeiten.

 

Glaubst du, dass den heutigen Produktionen etwas fehlt?

 

Ich habe das Gefühl, dass die meisten Platten, die du heutzutage hörst, zu poliert, leblos und emotionslos klingen. Der Großteil der Mainstream-Musik heutzutage ist zu vorhersehbar, homogenisiert und langweilig, es scheint am Mut oder am Verlangen zu fehlen, musikalische Grenzen auszuloten. Also gerade das, was das Material aus den 60ern und 70ern so großartig gemacht hat. Gott sei Dank habe ich das Gefühl, dass sich diese Einstellung langsam aber sicher ändert. Die Leute sind wieder bereit für echte Musik, die Emotion und Ausdruck hat, die zum Hörer spricht und den "Test of Time" besteht.

 

Nicht nur Mike Portnoy, auch Alicia Keys hat sich als Bigelf-Fan entpuppt. Habt ihr schon darüber nachgedacht, ob ihr sie um einen Gastauftritt auf einem eurer nächsten Alben bitten solltet?

 

Stell' dir vor, die Hälfte von Bigelf war schon mit ihr im Studio und es war eine tolle Erfahrung. Damon und ich haben auf einem Song namens "Sky Is Blue" mitgespielt, der auf dem Soundtrack zu "The Secret Life Of Bees" (deutscher Titel: Die Bienenhüterin, - Anm. d. Verf.) gelandet ist. Wenn wir aber als gesamte Band etwas mit ihr machen würden, müsste es schon etwas Besonderes sein, wir müssten den richtigen Song dafür finden. Sie kann sich wirklich die Lunge aus dem Leib singen und ist eine gute Freundin, also wer weiß...? Natürlich ist sie aber auch sehr beschäftigt und wir sind oft auf Tour. Bisher hatten wir nicht viele Gastmusiker auf unseren Alben, abgesehen von Streichern und Hornisten. Aber grundsätzlich ist alles möglich.

 

Zudem habt ihr auch auf Christina Aguilera's Cover-Version von John Lennons "Mother" mitgespielt. Wie kam es denn zu dieser Kollaboration?

 

Bigelf - Die bevorzugte Begleitband der Pop-Diven! Prinzipiell war es genau so wie bei Alicia. Wir waren dabei, "Cheat The Gallows" in Linda Perry's Kung Fu Studios in LA zu mixen und Christina kam dorthin, um den Song für das Instant Karma-Album aufzunehmen, wozu sie eine Band mit dem richtigen Vibe wollte. Bequemerweise waren wir ja schon vor Ort, und so ist es passiert. Wir haben den Song auch einmal live mit ihr und einem Streicherorchester bei einer Gala-Veranstaltung, die im Sommer letzten Jahres im Beverly Hilton stattfand, gespielt. Junge, dort haben wir uns ganz schön fehl am Platze gefühlt. Christina ist aber großartig, ein weiterer Mega-Star, der seinen Erfolg wirklich verdient hat. Ich bin von ihrem Talent sehr beeindruckt.

 

Habt ihr eigentlich schon Songs für ein Nachfolgealbum zu "Cheat The Gallows" geschrieben?

 

Wir haben tonnenweise Songs und Ideen in der Hinterhand, aber wir sind etwas faul, wenn es daran geht, sie einzuproben, ha ha. Es kostet einige Zeit und Überlegungen, heraus zu finden, welche Songs am Besten zueinander passen, so dass unterm Strich ein perfekt ausbalanciertes Album entsteht. Es gibt so viele Seiten am Bigelf-Sound, die berücksichtigt werden müssen. Da ist die Sabbath/Doom-Sache, das Beatles/Badfinger-Pop-Element, der Prog Rock, die psychedelischen Sounds, die Floyd-ähnlichen Soundscapes, der Glamrock und so weiter. All diese Elemente müssen in der richtigen Balance sein. Aber ich glaube, dass wir damit vor einem recht angenehmen Problem stehen: Wir haben viel zu viele Songs!

 

Aus welchen Bandmitgliedern würde deine Traumband bestehen? Du darfst bei der Auswahl auch verstorbene Musiker berücksichtigen.

Es gibt so viele tolle Musiker, die in der großen Band dort oben spielen und ich hoffe, dass wir eine lange Jam-Session einlegen, wenn ich selbst dort hin komme...Keith Moon und John Entwistle wären eine wirklich gute Rhythmusgruppe, aber man kann auch Bonzo oder Mitch Mitchell nicht außen vor lassen. Weitere Bassisten wären Barry Oakley, Allen Woody oder Phil Lynott. Jimi Hendrix, Muddy Waters, Hubert Sumlin, Rory Gallagher, Dwayne Allman und/oder Tommy Bolin wären an den Gitarren. Howlin' Wolf, James Brown, Otis Redding, Bon Scott und Ronnie Van Zandt am Gesang. Es gibt einfach zu Viele, unter denen man auswählen müsste.

 

Florian Gothe – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.bigelf.com