Interview mit Joakim Åström von APRIL DIVINE

 

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Erst kürzlich habt ihr die Tour als Support von Staind absolviert. Was war das für eine Erfahrung mit einer solchen Genregröße on the road zu sein? Ich kann mir vorstellen, dass es einen Musiker wohl unglaublich stolz machen muss, diese Möglichkeit eröffnet zu bekommen, neben einem seiner Vorbilder spielen zu können.

 

Absolut. Wir haben erst zwei Wochen vorher davon erfahren, dass uns diese Möglichkeit geboten wurde. Wir sind alle vollzeitbeschäftigt und nicht nur wir, sondern auch unsere Chefs haben sich für uns gefreut. Und so war es kein Problem für sie, uns frei zu geben. Für uns war es schlichtweg die erfüllendste und zugleich lustigste Tour. Hinzu kommt, dass es unsere erste Tour in Europa war. Staind und ihre gesamte Crew waren über den ganzen Zeitraum hinweg einfach unglaublich nett zu uns. Für mich persönlich war dieser Umstand lohnend, da es mir so ermöglicht wurde, eines meiner stimmlichen Vorbilder zu treffen und so feststellen zu können, dass er ein wirklich herzlicher, respektvoller Mensch ist.

 

Sicherlich habt ihr während der Tour hier und da Feedback bekommen. In Berlin konnte ich mich selbst von eurer Leistung und der Resonanz des Publikums überzeugen. Wie sah es sonst aus? War es so, wie ihr erwartet habt? Vielleicht hast du ja auf Anhieb ein paar Anekdoten für uns parat.

 

Man kann es fast schon allgemein mit wenigen Stichpunkten sagen: die Menge, die Fans, die Leere.

Um ehrlich zu sein, haben wir in diesem Sinne keine Erwartungen an die Menge gestellt. Als wir in Schweden als Support von Bands wie Alter Bridge, Karnivool oder gar Staind auftraten, hatten wir in der Tat jene Erwartungen, dass man uns mögen müsste, zumal wir ja musikalisch den gleichen Stil anschlagen (im Vergleich zu unseren Supportacts für Europe, Skid Row oder Thin Lizzy). Aber, als wir feststellen mussten, dass wir gerade bei den Schweden nicht sonderlich gut ankamen, haben wir unsere Erwartungen eben heruntergeschraubt.

Dieses Jahr sollte alles anders werden. Während unserer Tour durch die USA und Costa Rica konnten wir wieder einiges an Selbstbewusstsein zurückgewinnen – dank der dortigen Fans. Großartig, allerdings nicht so genial wie in Europa. Ich habe in London Fans aus Glasgow getroffen, die UNS den gesamten vier Shows in Großbritannien hinterher gereist waren und nicht Staind (?!). Als wir dann wieder zurück in Schweden waren, waren sowohl die Menge, als auch die Fans wie vom Erdboden verschluckt – es siegte die Leere.

Du willst Anekdoten? Kein Problem! Mit unserem Fahrer aus Ungarn habe ich schon so manche Sternstunde erlebt. Es wären zu viele, um jede einzelne aufzuzählen, daher ein paar Ausschnitte:

Ich habe mit unserem Busfahrer aus Ungarn Englisch gesprochen. (Der Witzigkeit halber, bleibt das Gesprochene in Englisch – VV) Ich: “So, do you think we’ve got time for a beer somewhere, before we go to the show. Is the venue far from here?”. Der Busfahrer (grinst) und sagt: “I can’t understand you when you talk Swedish!”

Der Busfahrer: “Jocke, what is your everyday-job when you’re not playing music?”. Ich (dachte in diesem Moment lustig wäre, ihn einfach raten zu lassen): “Can you guess?”. Der Busfahrer „Eh,...you are a...guess? What’s a guess?”

 

Lass uns nun mit ein paar allgemeinen Fragen fortfahren. Hierzulande seid ihr leider noch relativ unbekannt. Nur um sicher zu gehen, dass nach diesem Interview jeder April Divine kennt, lass uns an dieser Stelle eine Art Vorstellungsrunde machen: Was und wen kann man sich unter April Divine vorstellen? Welche Ziele und Anliegen hat die Band?

 

April Divine ist ein Quartett aus dem Norden von Schweden. April Divine an sich ist ein Name, ein Mädchen, ein Monat – es ist etwas Göttliches. Unser Ziel ist es, genau diese Sorte Musik zu schreiben, die wir selbst mögen, unabhängig davon, was aktuell im Trend liegt. Es ist nicht unsere Absicht, politische Stellungnahmen zu verpacken. Ich persönlich unterstütze bedrohte Arten....und die Schlümpfe, haha.

 

Die Band wurde vom Zeitpunkt der Gründung 1998 bis dato insgesamt drei Mal umbenannt. Was steckt denn dahinter?

 

Ganz richtig. Als wir anfingen, nannten wir uns Starfuck. Das hat aus verschiedenen Gründen einfach nicht funktioniert. Aufgrund dessen beschlossen wir, unser Projekt fortan unter dem Namen „Bloody April“ fortzuführen. Schließlich haben wir ein Fable für Wortspiele. Da sich unser US-Manager aber nicht mit dem „Bloody“-Teil anfreunden konnte, kam es so zum Namen April Divine.

Im Gegenzug fiel euch in Schweden der Anschluss wesentlich leichter. Ihr wurdet im Programm von P3, Schwedens größtem Rock-Radio, gespielt und wurdet sogar zur “Besten schwedischen Rock Band ohne Vertrag” gevotet. Die Geschichte nahm ihren Lauf, und schon bald kannte man euch auch auswärtig. Genau von diesem Schritt träumen viele Bands. Erinnert ihr euch noch an die ganz frühen Anfänge? Als Anhaltspunkt nehmen wir vielleicht den ersten Song, die ersten Demos, die ersten Studioaufnahmen oder vielleicht sogar euren ersten Auftritt on stage?

 

Aber selbstverständlich erinnere ich mich noch. Gerade so Begebenheiten wie das anfängliche Proben in der Garage. Zu Beginn haben wir uns mit Metallica-Covern versucht und sind dann zu Nirvana übergegangen. Das war der Zeitpunkt, an dem ich die Position hinter dem Mikrofon übernommen habe. Ich hatte blonde Haare, Dreadlocks, eine weiße Squier Stratocaster und ein Effektpedal von Metal Zone.

 

Wenn man jetzt einen Schlussstrich ziehen würde, was hoffentlich aber nicht allzu schnell der Fall sein wird, seid ihr mit dem Erreichten – quasi als Resultat eurer harten Arbeit – zufrieden?

 



 

Ich bin auf jeden Fall mit den Songs, die wir geschrieben haben zufrieden, ähnlich wie die Tourneen, die wir absolviert haben. Aber – du kennst sicherlich die leidige Geschichte – umso größer es wird, desto mehr willst du auch erreichen. Ein Kreislauf, in dem wir uns befinden. Nach unserer Tour mit Staind und Alter Bridge wurde in mir schon mal das Gefühl geweckt, wie es sich anfühlen würde in der Rolle des Headliners zu sein, mit allem was dazu gehört: einen Nightliner zu fahren, einen eigenen Massageraum in der Halle zu haben und – das wohl wichtigste für jeden Musiker – vor Tausenden von Leuten zu spielen, die tatsächlich wegen deiner Musik gekommen sind. Und, um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, die Musik als deinen Hauptberuf auszuführen. 

 

Eure aktuelle Scheibe “Redemption” wurde im September dieses Jahres hier in Deutschland veröffentlicht. Nachdem man euch zu Zeiten eures Debüts “Chapter One” mit Lob überhäuft hatte, waren die Erwartungen an den Nachfolger ziemlich hoch. Wart ihr diesbezüglich besonders angespannt? Ganz im Allgemeinen, wie geht ihr mit Kritik um – sowohl positiv als auch negativ? Klar, es gibt unzählige von Kritikern da draußen, deren Berufung es zu sein scheint, Dinge in ihre kleinsten Details zu zerlegen und sich vorab nur die scheinbar schlechten Dinge herausziehen – ohne, dass das Album überhaupt fertig oder veröffentlicht ist.

 

Für mich geht es darum, dass ich mich, die Band und allen voran die Fans nicht enttäusche. Ich setze mich selbst sehr unter Druck. Wenn du mich fragst, geht diese Praktik in meinem Fall auf. So erziele ich zum Einen mehr Produktivität und zum Anderen mehr Kreativität – gerade dann, wenn wirklich viel in meinem Kopf herumschwirrt. Mir ist es schon wichtig, was die Fans denken. Allerdings muss ich hinzufügen, dass es mir wirklich am Allerwertesten vorbeigeht, wie die Meinungen der Kritiker ausfallen. Ich glaube an Demokratie und eben nicht an Diktatur. Ich bevorzuge Statistiken mit großer Population.

 

Wenn wir schon einmal über Platten und deren Veröffentlichung sprechen: Wie kann man sich so einen Produktionshergang im Fall von April Divine vorstellen? Woher nehmt ihr die Ideen für eure Songs, wie wird eine Idee zum Song?

 

Das kommt auf die Situation an. So ein Song kann während eines Fluges im Flugzeug kommen, wo ich dann meinen Voicerecorder auspacke und loslege. Meine Sitznachbarn zerbrechen sich bestimmt jedes Mal den Kopf darüber, was für ein komischer Typ ich doch bin. Wenn ich dann zuhause bin, steuere ich mein Heimstudio an. Ich habe mir extra einen Raum eingerichtet mit einer Aufnahmekabine und einem Mac. “Copycat” ist so entstanden.

Es kann aber auch sein, dass ich von einem Song, den Akkorden oder vielleicht sogar einer ganzen Melodie träume. In meinen Träumen habe ich dann Angst davor, nur zu träumen und versuche wirklich hartnäckig aufzuwachen, nur um in der Lage zu sein, mich an den Song erinnern zu können. Wenn das dann möglich ist, schlage ich wieder den direkten Weg in Richtung Studio ein und verlasse selbiges nicht eher, bis ich das Geträumte aufgenommen habe. Wenn ich aufstehe, bin ich mir dann aber im Gegenzug immer noch nicht sicher, ob ich es wirklich geschafft habe, das Zeug aufzunehmen. Beispiel gefällig? “#1”

Oder aber ich sitze einfach so in meinem Studio und spiele ein bisschen vor mich hin – so hat sich “Faced Down” entwickelt.

 

Wie bereits erwähnt, war es dieses Jahr nicht das erste Mal als es für euch hieß, an der Seite von Staind zu spielen. Diese Ehre wurde euch 2007 schon einmal zuteil. Außerdem, wie du schon sagtest, habt ihr eure Erfahrungen an der Seite von Alter Bridge machen können. Gibt es für euch Bands, an deren Seite ihr zu wünschen spielt? Was ist euer persönliches Nonplusultra?

 

Für mich wäre es großartig, die Jungs von Tool zu treffen. Ich liebe deren Musik. Das soll nicht heißen, dass es für mich nicht überwältigend war, als ich Aaron traf – eine große Inspiration und Person. Das soll nicht heißen, dass es mich nicht umgehauen hat, als ich Slash auf den Treppen backstage während der Show von Alter Bridge traf. Ich sag's dir, ohne Sonnenbrille und dem Hut ist es wirklich schwer ihn zu erkennen – gerade in einem dunklen Treppenaufgang, haha.

Das ist auch eine schöne Anekdote, die ich erzählen kann.

 

Na, aber immer her damit.

 

Ich: “Slash?”. Slash: “Ja?”. Ich: “Ok. Ich wollte nur sichergehen, aber eh…was machst du hier?”. Slash: “Ich will Myles überraschen! Ich war gerade hier in Stockholm zur Promo und dachte mir, es wäre eine gute Überraschung, wenn ich auf die Bühne gehe und zusammen mit ihnen spiele. Wer bist du?” Ich: “Jocke. Ich denke, sie werden wirklich überrascht sein”.
 

Jocke, wenn du nichts dagegen hast, spinnen wir nun einen Moment herum: Stellen wir uns an dieser Stelle vor, ihr wärt Headliner der Tour. Ausverkaufte Hallen lange bevor die Tour eigentlich beginnt, die ersten Reihen gefüllt mit Fans, die euren Namen schreien und es kaum mehr abwarten können, bis ihr endlich auf die Bühne kommt. Die Entscheidung, einen Support-Act zu wählen, läge nun in euren Händen. Völlig spontan – wer würde dir hierzu einfallen?

 

Staind. “Eine Hand wäscht die andere”. Es war für mich einfach toll, ihnen von der Seite der Bühne aus zuzuschauen. Außerdem macht es unglaublich Spaß, mit den Jungs rumzuhängen. Weil Aaron mit seinen Rückenproblem zu kämpfen hatte, hatten sie sogar einen Massageraum an jedem Ort, den wir auch nutzen durften. Es tut einfach gut, mit ihnen rumzuhängen.

 

Wenn es nach dir ginge, wie sähe die Zukunft von April Divine aus? Was steht als nächstes auf eurer bandeigenen To-Do-Liste? Vielleicht insgeheim doch schon eine Headliner-Show?

 

Als nächstes? Ein neues Album. Danach würden wir uns riesig darüber freuen, wieder nach Costa Rica zu kommen und dort zu touren – auch um unsere Freunde dort zu treffen und mit ihnen zu relaxen. Danach wieder zurück nach Europa und Deutschland – in den allerbesten Fällen als Headliner-Tour.

 

 

Vanessa Vogl – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.aprildivine.com