Interview mit Eicca Toppinen von APOCALYPTICA

 

 

Wenn es um den Finnen an sich geht, ist man mit den Klischees schnell bei der Hand. Das blonde, zumeist hagere Völkchen gilt als introvertierter und naturverbundener Menschenschlag, aber auch als kühl, melancholisch und sehr zurückhaltend. Um so überraschender ist es da, als ein fröhlicher und vor allem redseliger Eicca Toppinen Mitte August mit einiger Verspätung an der Strippe hängt, während er sich irgendwo im Ruhrpott auf einer Autobahn befindet, die ihn und seine beiden Mitstreiter Paavo Lotjonen und Perttu Kivilaakso von einem Pressetermin zum nächsten führt. Allein deswegen überrascht die mitteilungsfreudige Laune des langen Blonden, schließlich sind Apocalyptica seit Tagen und Wochen in Europa unterwegs, um Fachpresse und Fans das neue Studioalbum „World Collide“ schmackhaft zu machen.

 

Stichwort „schmackhaft machen“: Der erste Vorgeschmack, den Apocalyptica von ihrem neuen Album, welches am 14.09. erscheint, kredenzen, ist die Single „I’m not Jesus“. Dabei handelt es sich traditionell natürlich um eine Kooperation mit einem Sänger, in diesem Fall Corey Taylor von Slipknot bzw. Stone Sour. Doch auch wenn man den charismatischen US-Amerikaner ausblendet muss man prognostizieren, dass die Finnen einmal mehr versucht haben ihren Instrumenten exotische und ungewöhnliche Klänge zu entlocken. Streckenweise könnte man die klassischen Streichinstrumente auf besagter Single oder aber dem sehr metallischen „Last Hope“ geradezu mit elektrischen Gitarren verwechseln. Ein gezieltes Sound-Tuning? „Wir haben nicht so darauf geachtet wie viel klassisches Cello auf dem Album zu hören ist, sondern viel mehr welchen Sound wir für das jeweilige Stück benötigen, einfach um das Beste aus dem jeweiligen Titel zu machen. Wir haben mit Jacob Hellner wirklich viel Zeit darauf verwendet, den richtigen kraftvollen Verzerrersound zu finden. Meiner Meinung nach klingt es damit immer noch ziemlich anders als eine Gitarre, aber wenn man mit derartiger Verzerrung arbeitet, bewegt man sich natürlich klanglich automatisch in diese Richtung“, erklärt Toppinen. Grundsätzlich scheint man auf „Worlds Collide“ ein spezielles Augenmerk auf interessante und ungewöhnliche Celloklänge gelegt zu haben und auch in kompositorischer Hinsicht gibt es dadurch auf dem sechsten Album der Teufelscellisten einiges zu entdecken. Ob nun im traditionellen Rahmen oder auf experimentelle Weise, stellt für den Künstler dabei kein Kriterium dar.

 

 

Fortschritt mit Gegenwind

 

Einige Die-Hard-Fans oder auch Anhänger der Frühwerke des Trios, welches bei seiner Geburtsstunde noch ein Quartett war, werden das vermutlich anders sehen. Doch darüber ist sich der Finne durchaus bewusst, wie er schmunzelt zu Protokoll gibt: „Immer wenn du etwas änderst, haben die Hardcore-Anhänger damit sofort ein Problem“, meint Eicca mit einem neckischen, kurzen Lachen. „Das ist uns sogar schon mehrfach passiert, zum Beispiel als wir begannen ein Schlagzeug in die Songs einzubinden und natürlich auch, als es zum ersten Mal Gesang auf einem unserer Stücke zu hören gab. Wenn du einmal damit anfängst auf solche Unkenrufe einzugehen, dann nimmt das nie wieder ein Ende“, ist sich Toppinen sicher. Der Frontmann erläutert im gleichen Atemzug aber auch, dass es ursprünglich nicht der Plan der Band war mit 4 Gastauftritten am Mikrofon an den Start zu gehen. Er verweist aber auch darauf, dass es derzeit noch weitere in Arbeit befindliche Kooperationen gibt, die in Zukunft möglicherweise noch das Licht der Öffentlichkeit erblicken werden und dabei auch ein eventueller, albumunabhängiger Single-Release nicht ausgeschlossen ist. Dabei plädiert Mr. Toppinen ausführlich für die Vorzüge solcher Zusammenarbeiten: „Die Arbeit mit Gastsängern ist eine großartige Möglichkeit für uns, um uns als Band und Songwriter weiterzuentwickeln. Und das ist auch das großartige an Apocalyptica, das es bei anderen Bands nicht gibt, wenn sie mit einem festen Sänger arbeiten. In gewisser Weise werden sie davon limitiert, dass sie nur eine Stimme zur Auswahl haben. Das ist bei uns anders, wir können mit so vielen unterschiedlichen Stimmen und Charakteren arbeiten. Nimm nur Till Lindemann und Cristina Scabbia, die beide auf dem neuen Album sind und die der Scheibe ein paar sehr interessante Aspekte verleihen. Es kann natürlich nicht Sinn der Sache sein 15 Singles zu schreiben und das wollen wir auch gar nicht, denn das Album muss im Ganzen, als Gesamtkomplex funktionieren“.

 

Aus der Vergangenheit lernen

 

Wer den Rahmen des neuen Drehers der Ausnahmekombo grob umreißen will, der könnte etwa eine homogene Mischung der Alben „Cult“, „Reflections“ und „Apocalyptica“ nennen. Eicca Toppinen stimmt zu: „In gewisser Weise hast du damit sicher recht. Der große Unterschied besteht für mich darin, dass alle Elemente einfach ausgeklügelter sind. Einfach alles was unseren Sound bisher definiert hat, findet sich auch auf „Worlds Collide“, nur eben noch einmal ausgefeilter. Dadurch ist das Album greifbarer geworden und man kann auch schon beim ersten Durchgang dem Ganzen einfacher folgen“. Womit vor allem die Nachvollziehbarkeit der Stücke gemeint ist und nicht unbedingt eine grundsätzliche Simplizität zugegeben wird. „Wir haben auf dem ‚Apocalyptica’ Album an einigen Stellen einfach zu viel auf einmal gewollt, das hat sich später als ziemlich fordernd herausgestellt und machte dieses Album schwer zugänglich“, werden Fehler der Vergangenheit offen gelegt. Auch die Kritik, die in der Vergangenheit mitunter an Apocalyptica geäußert wurde, haben sich die drei Protagonisten zumindest ein wenig zu Herzen genommen. Denn einige Hörern und Kritiker monierten, dass im Verlauf eines Albums hier und da Langeweile aufkommt und nicht genügend Abwechslung geboten würde. Diesem Vorwurf kann man durch die aktuellen Kooperation hervorragend entgegenwirken: „Mit diesen vier unterschiedlichen Sängern haben wir das Glück, dass jeder von ihnen andere Einflüsse und Elemente in die Songs und somit auch in das Album mit einbringt. Natürlich wirkt sich so etwas auch auf die musikalische Seite aus, denn jedes dieser Stück hat schon allein durch den Gesang einen eigenen Charakter, den es dann natürlich auch mit den Instrumenten herauszuarbeiten gilt. Ich denke das ist uns sehr gut gelungen und das Album stellt eine interessante Reise dar“. Eine Reise, die mit dem Titelstück „Worlds Collide“ hervorragend eingeleitet wird, handelt es sich dabei nicht nur um ein sehr abwechslungsreiches Stück, sondern auch gewissermaßen um einen Ausblick auf das, was den Hörer im Verlauf des Albums erwartet. Denn von einem mystischen Touch, über pulsierende Härte, bis hin zu entspannt verträumten Zwischenspielen hat der „Apocalyptica“-Nachfolger alles zu bieten, wofür die Fans ihre Band lieben. „Und es ist für sich genommen natürlich ein großartiges Stück!“, fügt Eicca lachend und mit gespielter Selbstbeweihräucherung hinzu.

 

 

Geschicktes Marketing

 

Trotz mitunter abschweifender Antworten ist Eicca Toppinen kein Mann, der etwas beschönigt oder um den heißen Brei herum redet. Denn der baumlange Finne gibt sehr wohl zu, dass eine Kooperation mit anderen Musikern – besonders Sängern – immer auch mit einem gewissen Werbeeffekt einhergeht. „Selbstverständlich sind Zusammenarbeiten immer auch eine Form von Marketing!“, lacht er. „Aber das gehört zum Erschaffen eines Albums unweigerlich dazu, denn wir wollen nach Möglichkeit überall auf der Welt Konzerte geben und dabei möglichst viele Menschen erreichen und dafür sorgen, dass man Notiz von uns und vor allem unserer Musik nimmt“. Und ein Gastsänger, besonders wenn er einen gewissen Status inne hat, verfehlt diese Werbewirkung natürlich nicht. Abgesehen davon wird man weder im Radio noch im Fernsehen irgendeine Berücksichtigung erfahren, wenn man reine Instrumentalnummern auskoppelt. Als zukünftige Singles kommen eigentlich alle Titel mit Gesang in Frage, was Eicca ähnlich sieht: „Die Qualität zur Single haben sicher alle vier Stücke. Aber bisher sind wir nicht mal sicher was die 2. Single wird. Erst einmal muss man sehen wie die Leute reagieren und wie sich die Reaktionen auf die erste Auskopplung und das Album gestalten. Das Album wird Anfang nächsten Jahres auch in den USA erscheinen, möglicherweise werden wir dort andere Stücke auskoppeln als in Europa. Zudem gibt es auch noch einige wirklich gute Songs, die aus verschiedenen Gründen nicht auf „Worlds Collide“ gelandet sind, die aber zu einem späteren Zeitpunkt noch veröffentlicht werden sollen. Möglicherweise wird es eine Single geben, die vorher noch niemand kannte, weil es ein Non-Album-Track ist“, spekuliert der Frontmann.

 

Beschränkte Auswahl ohne Grenzen

 

Im Falle von „Worlds Collide“, genauer gesagt dem Stück „S.O.S. (Anything but Love)“ hat man bekanntlich auf die Italienerin Cristina Scabbia (Lacuna Coil) vertraut. Eine gute Entscheidung, da die warme Stimme der Mailänderin sehr gut zu dem melancholischen Stück und seiner Atmosphäre passt, welche sich grob an das wohlbekannte „Faraway“ anlehnt. Wobei es eigentlich auch an Alternativen am Mirko nicht gemangelt hätte, denn die Auswahl an talentierten Sängerinnen aus den Bereichen Rock und Metal ist dieser Tage größer denn je. Könnte man zumindest meinen, aber Meister Toppinen ist da anderer Meinung: „Wenn ich ehrlich bin, dann glaube ich nicht, dass es viele wirklich gute Sängerinnen im Bereich der härteren Musik gibt“, lacht der Finne keck. „Wir wollten auch nicht in die gleiche Richtung wie zum Beispiel Nightwish gehen, denn die haben ihre Sache bisher so hervorragend gemacht. In deren Territorium wollten wir nicht unbedingt wildern“. Eicca weiß auch, dass dieser Tage immer noch viele Bands versuchen auf den Zug mit opernhaftem Gesang aufzuspringen und dass es vor Nachahmern nur so wimmelt. Umso erfreulicher war es da, dass Frau Scabbia nicht nur angenehme Abwechslung brachte, sondern auch gewillt war sich auf die Finnen einzulassen. Beim Schlagwort „außergewöhnliche Stimmen“ hätten aber auch andere Namen fallen können, etwa Armanda Palmer (Dresden Dolls) oder Dolores O’Riordan (The Cranberries). „Für ein bisher unveröffentlichtes Stück haben wir versucht eine Sängerin wie Pink zu bekommen. Aber ich erinnere mich auch, dass Shirley Manson (Garbage, Anm. d. Aut.) noch immer weit oben auf unserem Wunschzettel steht. Du musst wissen, wir haben tatsächlich so eine Liste mit Leuten, die wir großartig finden und gern einmal auf einem unserer Songs hören würden. Leider sind viele davon kaum oder überhaupt nicht zu bekommen, andere sind zu sehr mit ihren eigenen Bands beschäftigt oder haben einfach kein Interesse“, erklärt Toppinen. Dass es im Falle von „Worlds Collide“ ausschließlich metallische Stimmen auf das Album geschafft haben, ist dabei eher Zufall, denn Eicca betont, dass man ein weites Spektrum im Auge hat und nicht zwangsläufig auf Stimmen aus der harten Szene aus ist. „Wir haben zum Beispiel immer noch eine Frau wie Tori Amos im Auge. Für uns ist es immer interessant einen Sänger oder eine Sängerin aus komplett fremden Genres in die Welt von Apocalyptica zu bringen. Wobei wir natürlich trotzdem auf gute Rocksongs aus sind“, führt der Blondschopf aus.

 

Keine Kompromisse

 

Stolz wie Oskar präsentieren Apocalyptica darüber hinaus den Rammstein-Hünen Till Lindemann, den sie für „Helden“, die deutschsprachige Version eines David Bowie Klassikers gewinnen konnten. Trotz großer Bewunderung für den Berliner mit dem rollenden R wollte man auf keinen Fall „einen Rammstein-artigen Song, gespielt von Apocalyptica - featuring Till Lindemann“ (O-Ton Eicca Toppinen) aufnehmen. Denn Eicca weiß: „Das wäre einfach nur langweilig geworden. Wen hätten wir damit überrascht?“. Dass von „Heroes“, so der nicht gerade schwierig abzuleitende Originaltitel des besagten Stückes, überhaupt eine deutsche Version existiert, wussten die Apos ursprünglich gar nicht. Hier kommt Produzent Jacob Hellner ins Spiel, der auch schon mit Lindemanns Hauptband zusammengearbeitet hat. Dieser hatte das Stück in den Raum gestellt und sogleich begeistert den introvertierten Lyriker Lindemann zum perfekten Protagonisten erklärt. „An die Idee mussten wir uns jedoch zuerst gewöhnen, da uns nicht sofort klar war, wie wir das in den typischen Apocalyptica-Kontext bringen sollten. Dann haben wir allerdings die richtigen Arrangements dafür gefunden, womit wir es auch deutlich anders interpretieren als im Original und dem Song gleichzeitig den düsteren Stempel aufzudrücken konnten, der die gesamte Platte prägt. Gleichzeitig war es natürlich klar, dass wir Till nur mit einem deutschen Text betrauen können, denn er ist tief in seiner Muttersprache verwurzelt und ohne sie würde ein großer Teil seines besonderen Charakters als Sänger abhanden gehen“, erzählt der Cellist von Zweifeln und Lösungen. Zum Ende seiner Ausführungen wird er allerdings noch einmal deutlich: „Wenn nicht Till Lindemann diesen Song gesungen hätte, dann wäre er zu 100% weder auf das Album gekommen, noch überhaupt aufgenommen worden“.

 

 

Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen

 

„Worlds Collide“ war für Apocalyptica in vielerlei Hinsicht eine besondere Herausforderung. Nicht nur dass man bemüht war dem neuen Vertragspartner, dem Bochumer Label Gun Records, gleich zum Einstand ein echtes Highlight abzuliefern, auch musikalisch wollte man neue Ufer erreichen. „Ich will es so ausdrücken: Wir haben unsere Limits in jeder Hinsicht mit diesem Album ausgedehnt und neu abgesteckt“, lautet die Analyse. „Wir haben bei den Aufnahmen und der Produktion wirklich jedes Detail in Frage gestellt und im übertragenden Sinne jedes Steinchen umgedreht. Jacob hat wirklich jedes Detail angesprochen, was eine inspirierende Wirkung auf uns hatte. Abgesehen davon haben wir einige Parts dutzende Male aufgenommen, weil es irgendetwas besser zu machen gab. Wir waren zwar auch mit 99% zufrieden, aber Jacob bestand immer auch auf das letzte verbleibende Prozent. Er sagte dann ‚Hey das war perfekt – Lasst es uns gleich noch mal machen!’“, lacht der Musiker, der nicht noch einmal auch die Rolle des Produzenten selbst übernehmen wollte, wie er es auf dem Vorgänger noch getan hatte. „Wir brauchten einfach jemanden, der uns hier und da in den Hintern tritt und der uns dazu herausfordert, uns selbst zu übertreffen. Und genau das ist auch eingetroffen. Das ist schwer zu beschreiben, aber manchmal brauchst du einfach jemanden von außen, der dich antreibt – so wie im Profisport“, wird ein nachvollziehbarer Vergleich gezogen. „Er hörte sich unsere Aufnahmen an und meinte dann ‚Nein... Nein, da stimmt etwas nicht’. Und wir sagten ‚Ok, und was soll nicht richtig sein?’. Darauf er nur: ‚Ich weiß es nicht genau, aber mir schwebt da ein anderer Effekt vor. Wir müssen es noch einmal aufnehmen’. ‚Was für ein fuck, soll ich das jetzt alles noch einmal spielen?’ muss dann in etwa meine Antwort gewesen sein. Und er erwidert nur ein trockenes ‚Ja’, erinnert sich ein hörbar amüsierter Erzähler. „Und weißt du was noch das Schlimmste daran war? Er hatte jedes Mal recht damit“.

 

Die Pflicht zur Kür gemacht

 

Wo man gerade das Thema Label angeschnitten hat: Zum Ende ihres Vertrages mit Universal sind Apocalyptica einen ähnlichen Weg gegangen wie die meisten ihrer Musikerkollegen. So hat man eine Vertragserfüllung nämlich dadurch erwirkt, dass man eine Best-Of Zusammenstellung bzw. eine Live-DVD auf den Markt gebracht hat. Als einen bloßen Pflicht-Release will der Bandchef aber besonders die Greatest-Hits-Sammlung „Amplified“ dennoch nicht verstanden wissen. „Das Timing war in unserem Fall ziemlich gut, denn wir hatten schon lange vor den konkreten Plänen den Gedanken gepflegt, zum 10-jährigen Jubiläum eine Retrospektive zu veröffentlichen. Der Anlass sollte nicht einfach so vorüberziehen, denn wir können von uns behaupten, dass die Entwicklung von unserem ersten Coveralbum bis zur letzten Platte enorm war. Wir wollten den Leuten ein Packet schnüren, das auch zeigt, dass wir schon seit 10 Jahren unser Unwesen treiben. Ende der 90er hätten uns das sicher nicht viele zugetraut“, scherzt der Häuptling. Ein anderer Aspekt des besagten Albums ist die Tatsache, dass nicht jedes Land, in dem die Alben der Finnen bisher erschienen sind, auch in den Genuss aller Singleauskopplungen kamen. Diesem Notstand wurde mit „Amplified“ ebenfalls entgegen gewirkt. „Es ist offensichtlich, dass damit ein Vertrag erfüllt werden sollte, aber ich kann mit Überzeugung sagen, dass unser Anliegen musikalischer Natur war und wir nicht dazu genötigt wurden ein solches Album auf Biegen und Brechen zu veröffentlichen. Dieses Glück haben nicht viele Bands“.

 

Aufbruch und Aussichten

 

Trotz der freundschaftlichen Trennung von ihrem ehemaligen Label gibt es natürlich Gründe dafür, dass Apocalyptica sich nach einem neuen Geschäftsumfeld umgesehen haben. Man erinnere sich nur an die zurückliegende Show in der Thüringenhalle Erfurt im Winter 2005, die ursprünglich für die Aufzeichnung der 2. DVD „The Life Burns Tour“ eingeplant war. Leider war gerade diese Show nicht ausreichend beworben worden, sodass auch kurzfristige „Buy one, get one free“ Aktionen an den Vorverkaufsstellen nicht mehr zu retten vermochten, was in den Wochen zuvor versäumt wurde. Letztlich spielte die Band das Konzert in der riesigen Halle vor nur halb vollem Haus, woraufhin man sich bereits wenige Tage vor der Show dazu entschloss, die Aufnahmen auf die wenig später folgende Show in Düsseldorf zu verlegen. Auch hier belässt es der Vater von 2 Söhnen bei ehrlicher Zustimmung, anstatt sich in durchaus gängiger Beschönigung zu versuchen. Stattdessen geht Toppinen sogar weiter ins Detail: „Genau genommen sind noch ganz andere Sachen schief gegangen“, schmunzelt der Fast-Food-Junkie. „Ein großes Problem für uns war der Unterschied zwischen den einzelnen Ländern. Die Arbeit von der Plattenfirma und den Promotern war von Land zu Land sehr unterschiedlich. Mit dem neuen Label in der Hinterhand, das sehr gute Kontakte hat, einem erstklassigen Agenten und einem Manager, der seit 3 Jahren einen hervorragenden Job macht, haben wir jetzt zum ersten Mal seit 10 Jahren ein Team zusammen, das ich als perfekt bezeichnen würde. Es ist einfach frustrierend, wenn du dir als Band den Hintern aufreißt für ein neues Album, dir anschließend den Arsch abtourst und es trotzdem keine Sau mitbekommt“, kichert ein überraschend zynischer Eicca Toppinen in den Telefonhörer. Doch zurück zu nüchterneren Fakten und einer Marktanalyse finnischer Art. Denn durch die erwähnten großen Unterschiede muss es folglich auch Länder geben, in denen die Teufelscellisten von einer sehr komfortablen Ausgangssituation profitieren: „Ich würde sagen Mexico ist eines unserer Paradeländer. Die Zuschauer dort sind total euphorisch, das Feedback ist immer fantastisch dort und die Promoter machen einen exzellenten Job. Allein dort haben wir bisher 130.000 Einheiten absetzen können! Wenn ich an das letzte Konzert in Mexico City denke, dann fällt mir zuerst ein, dass wir dort 10.000 Leute auf einem einzigen Konzert hatten. DAS nenne ich eine komfortable Situation“, hat der Finne deutlich hörbar Spaß an seinen Anekdoten. Aber auch auf die Fans in Deutschland, Österreich und der Schweiz vertrauen Apocalyptica laut eigener Aussage quasi blind. Wobei man gerade dabei ist sogar den als schwierig geltenden französischen Markt langsam zu erobern und auch verstärkt versucht endlich auf der Insel Fuß zu fassen, wenngleich man im Vereinten Königreich seit jeher einen schweren Stand hatte. „Frankreich ist ein sehr schwieriger Markt, weil die Metal Szene dort ziemlich klein ist, vor allem im Vergleich mit anderen europäischen Ländern. Dort verkauft sich vor allen Dingen Pop Musik, vorzugsweise natürlich in französisch. Die einzige harte Band, die dort wirklich achtbare Verkaufszahlen aufweisen kann, sind Rammstein“, meint Toppinen. Demnach könnte sich die zu Beginn skeptisch beäugte Kooperation mit deren Frontmann neben der musikalischen Seite auch fruchtbar auf die geschäftliche Seite des Trios auswirken. Doch auch so scheinen alle Ampeln für die Finnen auf grün zu stehen. Denn Eicca Toppinen hat nicht unrecht wenn er sagt „Wir haben nicht versucht unser Maximum zu erreichen, wir wollten darüber hinaus kommen“.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.apocalyptica.com