Interview mit Marko Tervonen von ANGEL BLAKE

 

 

Bereits nach der Veröffentlichung eures selbstbetitelten Debüts gab es die erste einschneidende Veränderung in eurer noch jungen Karriere. Ihr habt euch zum Beispiel von eurem Label Metal Blade getrennt, was nach nur einem Album natürlich Fragen aufwirft. War euer Vertrag von vornherein auf nur ein Album beschränkt oder worin liegen die Gründe dafür, dass ihr euch so schnell wieder getrennt habt?

 

Es gab ein paar Veränderungen, die Metal Blade anstrebten und die einen negativen Einfluss auf Angel Blake gehabt hätten. Das US-Büro des Labels wollte unsere kommende Platte nicht auf CD, sondern ausschließlich digital veröffentlichen. Dann habe ich mit den Zuständigen gesprochen und darum gebeten den Vertrag aufzulösen, was dann auch passiert ist. Also bin ich anschließend weiter gezogen.

 

Genauer gesagt hat es dich nach Finnland zu Dynamic Arts Records verschlagen. Aus welchen Gründen hast du dort die richtige Adresse für Angel Blake gesehen? Denn auch wenn die Firma einige sehr gute Bands zu bieten hat, ist sie doch keine solche globale Metal-Macht wie Metal Blade. Zumindest aber sitzen die Hauptverantwortliche von Dynamic Arts für dich etwas erreichbarer, also geographisch betrachtet.

 

Nun, das Label hat seinen Sitz in Finnland und ich lebe in Schweden. Aber im Zeitalter des Internets ist die Welt so oder so wie ein kleines Dorf, hehe. Wenn du als Death Metal Band bei Metal Blade bist, dann ist es das ganz große Ding für dich. DAR haben dafür deutlich mehr Bands, die man nicht zu dieser Szene zählen kann und ich hatte das Gefühl, dass wir dort besser aufgehoben sind. Die Sache funktioniert so einfach besser, als wenn unsere Scheiben hauptsächlich an die Death Metal Presse gehen.

 

Die zweite große Veränderung ist, dass du dich auch nach einem neuen Sänger umsehen musstest. Nach welchen Kriterien hast du den Nachfolger für Tony (Jelencovich) gesucht?

 

Die Balance zwischen Professionalität und Freundschaft musste einfach stimmen. Tobias ist nicht nur ein höllisch guter Sänger, sondern auch ein unglaublich netter Typ. Wir arbeiten einfach sehr gut zusammen.

 

Warum hat Tony damals eigentlich Angel Blake genau verlassen?

 

Lass es mich demokratisch ausdrücken: Wir haben uns dazu entschlossen getrennte Wege zu gehen, weil uns die Gemeinsamkeiten für eine gute Zusammenarbeit auf lange Sicht gefehlt haben. Doch es ist alles in Ordnung, solche Sachen passieren einfach. Er ist jetzt glücklich mit seiner neuen Band M.A.N. und ich bin froh, Tobias dabei zu haben.

 

Nachdem euer Debüt erschienen war, habt ihr 2006 eure Live-Premiere auf dem Summer Breeze Open Air hier in Deutschland gefeiert. Welche Erinnerungen an diesen für euch historischen Tag fallen dir spontan ein?

 

Es war das reinste Schlamassel, haha! Wir hatten einige massive technische Probleme, zum Beispiel haben wir die halbe Show ohne Bass bestreiten müssen. Dabei mag ich das Festival eigentlich sehr, ich hatte da zuvor bereits mehrfach gespielt. Es war schon irgendwie bizarr, unsere erste Show gleich auf einem so großen Festival zu spielen. Es fällt mir übrigens leicht zu sagen, dass die darauf folgenden Clubshows 1000-mal besser waren.

 

Wo wir gerade beim Thema sind: Ihr seid bis heute keine Band, die viel unterwegs ist. Bist du das Touren nach den massiven Live-Aktivitäten mit deinen vorherigen Bands einfach leid oder wartet ihr vielleicht nur auf ein faires Angebot? Oder liegen die Gründe vielmehr in eurem Privat- bzw. Berufsleben?

 

Genau genommen ist es sogar all das auf einmal. Wenn ein cooles Angebot reinkommt, dann bin ich sofort dabei. Allerdings hat das Wort „cool“ heute eine andere Bedeutung für mich als noch vor 10 Jahren. Damals haben wir unheimlich viel getourt und wurden hauptsächlich in Bier bezahlt. Dieser Rahmenplan ist heutzutage undenkbar, denn ich habe Familie und einen normalen Job; außerdem betreibe ich ein eigenes Studio und produziere dort auch viele Bands. Somit müsste ein Angebot mehrere Kriterien erfüllen – kurz gesagt muss eine Tour für mich einfach Sinn machen. Ich will nicht einfach touren, um auf Tour zu sein.

 

Entspricht „The Descended“ für dich eigentlich einem bestimmten Genre? Für mich klingt das Album sehr vielseitig, denn es verbindet moderne Elemente mit Old-School-Sounds und einem gewissen Gothic / Dark Metal Aroma. Zumindest auf eurer Website versucht ihr merklich eine Genrebezeichnung zu vermeiden.

 

Ich glaube es ist nicht einfach, der Musik von Angel Blake einen Stempel aufzudrücken. Aus marketingtechnischer Sicht ist das natürlich nicht gerade hilfreich, aber es ist nun mal genau die Musik, die ich mit Angel Blake erschaffen will. Ich habe bereits ein paar neue Songideen und die gehen zum jetzigen Zeitpunkt mehr in Richtung der metallischen Seite von Angel Blake, etwa in Richtung von Songs wie „Anywhere but here“, „Descended“ und „Retaliate“.

 

Während der Aufnahmen zur aktuellen Platte hast du alle Instrumente selbst in die Hand genommen, wie man auf eurer mySpace-Seite lesen konnte. Hast du dich auch um die Drums selbst gekümmert oder hast du mit einem Drumcomputer und mit Loops gearbeitet, was heutzutage ja durchaus an der Tagesordnung ist.

 

Nein, keine Computer. Einfach nur physikalisches, direktes Gehämmer.

 

Hast du nicht darüber nachgedacht, dir zusätzliche Musiker ins Studio zu holen?

 

Sicher wäre es eine Option gewesen einen „echten“ Schlagzeuger für Angel Blake zu verpflichten. Aber ich liebe es einfach Musik zu machen. Ich liebe es Gitarre zu spielen und ebenso liebe ich es die Drums zu bearbeiten. Ich versuche alles um Angel Blake so unterhaltsam und spaßig wie möglich für mich zu machen und all diese Instrumente zu spielen bereitet mir sehr viel Freude. Natürlich ist es schon ein schizophrenes Gefühl gleichzeitig die Instrumente zu spielen und sich um die Aufnahmen und den Mix zu kümmern. Aber bisher bin ich immer gut aus dieser Nummer heraus gekommen und ich bin stolz auf das, was dabei entstanden ist.

 

Wenn du die musikalische Seite, den Sound und die Attitüde eures Debüts „Angel Blake“ mit „The Descended“ vergleichst: Wie viele und welche Gemeinsamkeiten haben beide Alben?

 

Ich denke, dass „The Descended“ die logische Fortsetzung des ersten Albums ist. Ich mag es neue Dinge auszuprobieren und schiebe mich selbst gern in für mich neue Regionen, auch wenn ich mir manchmal unsicher bin. Das hat zur Folge, dass der Sound von Angel Blake immer eine gewisse Veränderung erfahren wird. Aber ich bin mir auch sicher, dass meine Musik einen Kern hat, der ungeachtet dessen erhalten bleiben wird. Schlussendlich habe ich erkannt, dass ich mich in drei verschiedenen Richtungen musikalisch ausdrücken muss, um meine kreative Seite vollends auszuleben. Da wäre erstens ein Ventil, das sozusagen Metallica mit Paradise Lost-artigen Sounds verbindet – das wäre Angel Blake. Dann eher softe, düstere und melancholische Musik; an selbiger arbeite ich gerade. Und drittens: Death Metal. Von diesem Projekt wirst du garantiert schon bald etwas hören. Das wird allerdings kein Solo-Projekt, sondern eine richtige Band sein.

 

 

 

Du hast „Defenseless“ als Singleauskopplung für das neue Album ausgewählt. Warum hast du dich für dieses Stück entschieden? Ich persönlich hätte auch „Anywhere but here“ als heißen Kandidaten empfunden.

 

Da stimme ich dir zu, ich habe genau zwischen diesen beiden Songs lange hin und her überlegt. Beide Stücke sind meiner Meinung nach sehr gelungen und haben zudem den richtigen Zeitrahmen für ein Video. Aber ich musste mich einfach entscheiden und letztlich habe ich „Defenseless“ den Zuschlag gegeben.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.angelblake.com