Interview mit Tomi Joutsen von AMORPHIS

 

 

Tomi, „Skyforger“ präsentiert gleich zum Auftakt einen großzügigen Wurf an extrem eingängigen Songs. Meiner Meinung nach eine gute Entscheidung, weil ihr damit den Hörer erst einmal packt und bei der Stange haltet.

 

Auf jeden Fall! Wir wollten ein paar wie du schon sagst sehr eingängige Songs direkt an den Anfang setzen und die ausgewählten Stücke sollten zudem ein gutes Bild von dem vermitteln was einen auf diesem Album erwartet. Ich hoffe natürlich, dass die Leute das Album kaufen und lieben werden und dass die Scheibe ihnen auch als Ganzes gefällt.

 

Es wird relativ schnell deutlich, dass du für dieses Album wieder viel mit deiner klaren, kraftvollen Gesangsstimme gearbeitet hast – vielleicht sogar noch mal deutlich mehr als auf den beiden letzten Alben. Mir persönlich gefällt das offen gestanden sehr gut und deine Leistung würde ich durchaus als beachtlich einstufen. Hast du viel an deiner Stimme gearbeitet in der letzten Zeit?

 

Hm, nicht im eigentlichen Sinne. Aber wir haben wirklich sehr viele Shows gespielt, was sich sicherlich positiv bemerkbar macht. Auf der anderen Seite hatte ich dadurch aber auch nicht die Zeit um im klassischen Sinne an meinem Gesang und der Technik zu arbeiten. Somit ist das bei mir eher natürlich gewachsen und liegt wohl vor allem an meiner stetig steigenden Erfahrung. Als ich „Skyforger“ zum ersten Mal in der finalen Version gehört habe, war ich ehrlich gesagt schon ein bisschen überrascht, da ich nicht mit so vielen Clean Vocals gerechnet habe. Etwas heavier hätte ich es erwartet, haha. Aber das Resultat ist auch auf diese Art wirklich gelungen und ich bin sehr zufrieden wie alles jetzt ist.

 

Die Produktion für die Gesangspassagen hat sicher wieder euer alten Freund Marco Hietala übernommen?

 

Genau, er hat als Produzent für die kompletten Gesangsaufnahmen fungiert. Wir haben wieder eine gute Zeit zusammen gehabt und die Arbeit ging leicht von der Hand. Außerdem waren wir erneut in den gleichen Räumlichkeiten, dem Sonic Pump Studio.

 

Das Coverartwork hat einmal mehr Travis Smith übernommen und auch wenn es jetzt ziemlich nach Arschkriecherei klingt muss ich sagen, dass ich das Bild wirklich großartig finde! Genau genommen ist es sogar mein Lieblings-Amorphiscover geworden. Allerdings war ich überrascht, dass Travis für seine Verhältnisse ein sehr helles und positives Bild entworfen hat.

 

Toll dass du es auch magst, mir geht es ähnlich. Mir gefallen die Farben sehr gut, das Bild hat etwas Kraftvolles, Energiegeladenes. Und du hast recht, für gewöhnlich sind Travis’ Arbeiten sehr düster und er arbeitet oft mir grauen Farbtönen. Der positive Vibe des Bildes passt definitiv perfekt zum Album.

 

Es ist auffällig, dass ihr ein recht konstantes Arbeitsumfeld habt. Ihr wart wieder im gleichen Studio, Marco Hietala hat mit dir erneut die Vocals aufgenommen, der Artworker war der gleiche... Glaubst du Amorphis sind eine Band, die Konstanten und ein gewohntes Umfeld zum arbeiten braucht?

 

Das Team war diesmal in der Tat wieder fast identisch, sogar die Leute für die Backing Vocals waren die gleichen. Eine gute Sache ist, dass wir diesmal unseren Live-Mischer mit ins Studio nehmen konnten, der die Instrumente mit uns aufgenommen hat. Er weiß ganz genau wie Amorphis klingen müssen. Insgesamt kann man sagen, dass wir das Risiko für uns so gering wie möglich halten wollten was die Produktion betrifft.


Amorphis haben zwar schon immer wert auf ausgeklügelte Songs gelegt und vor allem bezüglich der Gitarren mit vielen Spielereien, Melodien und Effekten hantiert, aber für „Skyforger“ haben deine Kollegen offensichtlich noch mal eine Schippe oben drauf gepackt. Haben wir es deiner Meinung nach mit dem bislang eingängigsten oder Melodie-orientiertesten Amorphis-Album zu tun?

 

Das ist schwer zu sagen, denn ich stecke einfach noch viel zu tief in diesem Album drin, hehe. Eine neutrale, objektive Meinung fällt mir somit nicht leicht. Ich bin Sänger und kein Gitarrist, von daher kommen mir Melodien für mein Handwerk immer entgegen. Ich bin aber froh, dass wir diese vielen Melodieführungen haben, da wir auch einige brutale Passagen in den Songs haben und das Verhältnis somit wieder ausgeglichen ist. Die Ausgewogenheit ist sicher eine der herausragenden Eigenschaften unseres neuen Albums.

 

Daran bist du ja auch nicht ganz unschuldig, da sowohl starke Klargesänge wie auch deftige Grunts auf „Skyforger“ zu hören sind. Ist die Tatsache, dass du beide Gesangsstile beherrschst deine größte Stärke? Kannst du dich diesbezüglich selbst einschätzen?

 

Ich mag beide Stile und es ist mir sehr wichtig, dass ich mich in beiden Richtungen bewegen kann. Vor vielen Jahren habe ich mit Grunts angefangen, weil das meiner Ansicht nach eine gute Form ist sich auszudrücken. Für mich ist es essentiell auf diesem Album auch Grunts zu haben und es ist denke ich sehr wichtig, dass wir auch zukünftig damit arbeiten. Ob ich ein guter Sänger bin oder nicht soll jeder für sich selbst entscheiden, hehe.

 

Eure erste Single ist „Silver Bride“. Was für eine Rolle spielt diese Figur in der Kalevala (das finnische Nationalepos, MR) und in eurem Konzept?

 

In der Erzählung auf dieser Platte spielt ein Hufschmied eine wichtige Rolle, er ist nämlich derjenige, der den Himmel schmiedet (der „Skyforger“, MR). Auch das Cover steht natürlich damit in Verbindung, denn es zeigt den Baum, der in der Kalevala den Himmel trägt. Mehr erzähle ich aber erst mal nicht, die Fans sollen sich ja selbst mit dem Album beschäftigen, hehe.

 

Na gut, dann vielleicht noch eine letzte kleine Frage für die Nicht-Finnen unter uns zu diesem Thema: Was kann man sich unter „Sampo“ vorstellen, dem Titel des ersten Songs auf dem neuen Longplayer?

 

Sampo ist eine Art Maschine, die demjenigen, der sie besitzt unendliche Reichtümer verschafft.

 

Dann sollten wir uns wohl am besten mal auf der Stelle nach so einem Teil umsehen!

 

Und ob wir das sollte, haha! Ich glaube aber dass wir nicht die einzigen sind, die so einen Apparat haben wollen.

 

Kommtest du diesmal auch wieder aktiv ins Songwriting eingreifen? Auf „Silent Waters“ stammte zumindest der Bonustrack des Digipaks von dir, eine Nummer namens „Sign“.

 

Ja, ich habe in der Tat wieder etwas beigesteuert, nämlich die letzte Nummer „From Earth I Rose“. Es ist sogar so, dass diesmal jeder von uns am Songwriting beteiligt war und eigenes Material komponiert hat. Wenn ich mich recht erinnere, dann haben wir insgesamt 15 neue Songs aufgenommen – allerdings habe ich nur für 12 davon auch Gesangsspuren aufgenommen.

 

Somit bleiben 2 potentielle Bonustracks oder Samplerbeiträge übrig, nachdem „Skyforger“ regulär 10 Tracks umfassen wird.

 

Genau so ist es und ich halte beide für großartige Songs! Hier liegt vielleicht auch der Grund dafür, dass das reguläre Album nach Abzug dieser beiden Nummern vielleicht nicht ganz so heavy erscheint. Denn die besagten Stücke sind zwar nicht brutal, aber trotzdem sehr heavy und hätten sicher auch keine schlechte Figur in der regulären Tracklist gemacht. Ich hoffe aber, dass wir zumindest eines der beiden Stücke davon auch live spielen werden.

 

Habt ihr eigentlich auf traditionelle finnische Melodien und Lieder zurückgegriffen? Es gibt nämlich 1-2 Momente auf dem Album wo ich das Gefühl habe, dass mir eine Melodie irgendwie bekannt vorkommt, und zwar in „Skyforger“ und in „Sky is Mine“.

 

Puh, gute Frage. Ich weiß zwar nicht mehr genau wer von uns die besagten Melodien komponiert hat, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass keine traditionellen Lieder adaptiert wurden. Zumindest hoffe ich, dass alles Amorphis Originale sind, haha.

 

Für dich persönlich ist es das dritte Album mit Amorphis. Würdest du sagen, dass die Sache diesmal einfacher für dich war als zuvor?

 

Einfach war es sicher nicht, denn man muss immer hart arbeiten für ein Album. Aber es war auf jeden Fall leichter, unter anderem weil ich wieder mit einem Produzenten arbeiten konnte, den ich gut kenne. Mit Marco zu arbeiten ist sehr unkompliziert und er ist natürlich auch ein unheimlich talentierter und netter Kerl. Und ein sehr beschäftigter noch dazu! Er ist sehr aktiv mit Nightwish, hat außerdem Tarot, zuletzt hat er noch eine Black Sabbath-Tribute Band am Start gehabt, er produziert und viele wissen nicht, dass er auch ein großer Familienmensch ist. Ich habe keine Ahnung wie der Typ das alles macht. Meine Theorie ist, dass er sich das Schlafen abgewöhnt hat, haha.

 

Konzeptionell steht die Kalevala an erster Stelle für euch als Band und die Texte greifen natürlich die entsprechenden Themen und Geschichten auf. Glaubst du es ist leichter oder schwerer einen Text zu schreiben, wenn man eine solche Vorlage für ein Albumkonzept hat? Die Texte sind zwar nicht von dir, aber du wirst diese Situation vermutlich gut einschätzen können.

 

Die Texte sind in der Tat nicht von mir, sondern von Pekka Kainulainen, der auch schon bei „Silent Waters“ für die Lyrics zuständig war. Er ist wirklich sehr tief in dieser Thematik drin und ein absoluter Fachmann, weshalb wir auch unbedingt wieder mit ihm arbeiten wollten. Ich muss die Sachen nachher Abend für Abend singen und deshalb ist es mir wichtig den Verfasser zu kennen und ihm blind vertrauen zu können. Aber er weiß zu 100% was er tut, darum gibt es da keine Komplikationen. In Richtung des Songtexte Verfassens habe ich mich auch mal selbst versucht als ich noch jung war, aber das Ergebnis war ziemlich bescheiden, haha. Daher bin ich froh, dass mir das jemand abnimmt. Ehrlich gesagt will ich auch gar keine Texte schreiben müssen, denn das Niveau dieser Band ist denke ich sehr hoch und da würde ich das Ganze mit meinen erbärmlichen Texten ganz schön runter ziehen, haha. Am besten gefällt es mir, wenn ich einfach nur singen kann.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.amorphis.net