Interview mit Alex Janzen und Patrick Fleischer von ALEV

 

 

Nach „We live in Paradise“ habt ihr euch wieder von eurem Label SAD Music getrennt. Würdet ihr rückblickend sagen, dass ihr euch vielleicht für die falsche Adresse entschieden habt?

 

Patrick: Ja. Wir wussten dennoch, dass es ein Risiko sein würde, da das Label neu war. Es wurde uns anfangs sehr viel versprochen... Das Label gibt es mittlerweile nicht mehr...

 

Eines der Argumente für euer damaliges Label war die Tatsache, dass die Firma die CDs zu einem recht fairen Preis anbot und auch ohne Kopierschutzmaßnahmen veröffentlichte. Nun handelte es sich aber auch um eine ziemlich junge Firma. Wäre es vielleicht die bessere Wahl gewesen, wenn man direkt zu einem etablierteren Label gegangen wäre?

 

Patrick: Klar wäre es die bessere Wahl gewesen! Das konnten wir damals aber noch nicht wissen. Deren Konzept klang gut und wir wollten es riskieren...

 

Nach eurem Debüt ist es irgendwann überraschend ruhig um Alev geworden. Anfangs schien alles super zu laufen mit großer Medienpräsenz in der Türkei und sogar einer Tour durch China. Gehe ich recht in der Annahme, dass anschließend einfach zu viele Faktoren zusammenkamen, um anständig und fruchtbar weiterarbeiten zu können? Schließlich habt ihr nicht nur das Label gewechselt, sondern euch auch von eurer langjährigen Sängerin Alev getrennt.

 

Alex: Nach meinem Einstieg in die Band sind wir erstmal 2006 viel im Ausland getourt. Das hat uns sehr zusammengeschweißt. Bis zur Veröffentlichung der neuen Platte zog sich alles etwas hin, da wir für uns das passende Label gesucht haben und erst als alles unter Dach und Fach war richtig losstarten wollten.

 

Patrick: Ohne Album macht es auch nicht wirklich Sinn viel zu touren... jetzt ist es draußen und wir werden wieder vermehrt aktiv sein!

 

Was habt ihr von eurer China-Rundreise bzw. den Erlebnissen in der Türkei mit Konzerten und TV-Auftritten damals für die Zukunft der Band mitgenommen?

 

Alex: Wir können überall spielen, hehe! Die technische Ausstattung und die Backline in China waren eine Herausforderung. Ungesicherte Stromkabel, zerschossene PA-Boxen, keine Monitore für den Gesang und etliche Bastelaktionen forderten einiges an Improvisationstalent und schließlich haben wir dann doch alles hingekriegt. Die China-Tour hat die Band auf die Probe gestellt. Eine spannende Erfahrung für uns, denn die Nerven lagen durch das extreme Reisen (5500km) mit öffentlichen Mitteln und durch Kommunikationsschwierigkeiten ohne Übersetzer einfach blank. Nach der Tour wusste ich: egal was kommt, ich kann mich auf jeden Einzelnen in der Band verlassen! Die Türkei Tour war mir persönlich sehr wichtig, da ich gespannt war ob mich die türkischen Fans annehmen würden und es mit der Band in der Türkei weitergehen kann. Die Konzerte waren gut besucht und die Tour im Ganzen erfolgreich! Zudem war ich begeistert von dem Land und der einzigartigen Gastfreundschaft der Leute!

 

Seid ihr auf dem Laufenden was eure ehemalige Frontfrau mittlerweile macht?

 

Alex: Ab und zu kriegt man ja über das Internet ein paar Dinge mit.

 

Wenn ich mich nicht täusche, dann wart ihr zwischendurch auch mal im Begriff euer zweites Album über Silverdust zu veröffentlichen, die allerdings ihre Labelaktivitäten für einen Zeitraum eingestellt hatten, um sich voll auf das Summer Breeze konzentrieren zu können. Ein weiteres kleines Kapitel in eurem Kampf bis ihr „Alev“ endlich adäquat veröffentlichen konntet?

 

Alex: Ja, das ist wahr. Das hat uns einige Zeit gekostet und wir mussten uns neu orientieren und neue Entscheidungen treffen. Es hat sich jedoch gelohnt! Wir sind mit dem neuen Label und dem fairen Plattenvertrag sehr glücklich!

 

Wie ist es um euren Status in der Türkei bestellt? Ein großer Teil der dortigen Aufmerksamkeit basiert sicherlich auf eurem türkischen Namen und der Tatsache, dass ihr zum damaligen Zeitpunkt auch zwei Bandmitglieder mit türkischen Wurzeln in euren Reihen hattet. Würdet ihr sagen, dass Alevs Ausstieg einen negativen Einfluss auf euer Standing am Bosporus hat?

 

Alex: Die Erfahrung haben wir nicht gemacht. Deswegen haben wir unser neues Album auch als erstes in der Türkei veröffentlicht. Und es geht weiter: wir sind dieses Jahr als Co-Headliner auf dem Zeytinli-Festival gebucht. Das ist eines der größten Festivals in der Türkei.

 

Patrick: Beim Zeytinli Rock Fest werden dieses Jahr 100.000 Leute (vor einer Bühne) erwartet, unser Video läuft dort auf MTV und Dream TV! Zum Glück geht es den Türken um die Musik und nicht um die „Herkunft“ der Bandmitglieder, hehe! Wir freuen uns alle sehr, wieder in der Türkei zu spielen!

 

Alex, wie wurdest du nach deinem Einstieg von den Fans aufgenommen? War es schwierig für dich als „die Neue“ bei den Anhängern und natürlich auch den Jungs Fuß zu fassen?

 

Alex: Ja es war eine Herausforderung, der ich mich persönlich stellen musste. Ich hatte mir das gut überlegt vor meinem Einstieg in die Band. Die Band war auch zu dem Zeitpunkt eine Band, die sehr eingespielt ist und sich sozusagen blind versteht. Das war eine super Basis um mich einzubringen. Ich habe von Anfang an meinen eigenen Stil in die Musik einfließen lassen. Teilweise Songs, die von der alten Sängerin getextet wurden umgeschrieben, um ihnen meine eigenen Worte und meinen Ausdruck zu verleihen. Das hat gut funktioniert. Ob es den Leuten dann gefällt, liegt nicht mehr in meinen Händen. Das ist Geschmacksache. Was die Band betrifft: ich verstehe mich gut mit den Jungs und sie stehen zu 100% hinter mir!

 

Auf eurer Website kann man nur relativ wenig über die einzelnen Bandmitglieder von Alev erfahren. Als die neue, wenn auch nicht mehr ganz SO neue Sängerin, hättest du hier und jetzt die Gelegenheit dazu dich unseren Lesern einmal etwas genauer vorzustellen. 

 

Alex : Hmm…was interessiert dich bzw euch denn? Mein Leben war von Anfang an geprägt durch Musik. Sei es durch meine musikalischen Eltern oder durch spontane Aktionen meinerseits: Erzählungen meiner Mutter zufolge soll ich mich als Vierjährige während der Zugfahrten Richtung Urlaub mitten ins vollbesetzte Abteil gestellt, gesungen und alle Reisenden unterhalten haben. Seit 12 Jahren singe ich auf der Bühne. Angefangen hat alles mit einer Schulrockband. Klavierunterricht nahm ich zum ersten Mal mit 7 und fing mit 12 an eigene Songs zu komponieren. Beethoven und Mozart blieben dabei auf der Strecke. Mit meiner Stimme habe ich schon immer experimentiert. Da bin ich reiner Autodidakt. Gesangsunterricht habe ich erst genommen als ich mich nach dem Abi dazu entschied, professionell Musik zu machen. Das war dann während meines zweijährigen Musikstudiums an einer staatlichen Schule. Nachdem ich meinen Abschluss gemacht hatte, gründete ich zunächst eine eigene Band. Wir spielten mit ALEV 2005 auf demselben Festival und da wurde ich auf die Formation aufmerksam. Als ich die Jungs live spielen sah, habe ich mir insgeheim gewünscht genau so eine energiereiche Band um mich aufzubauen. Dass dieser Wunsch dann innerhalb von ein paar Wochen schon wahr wurde, war schon urkomisch. Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei allen ALEV Fans für ihr positives Feedback, dass wir bisher bekommen haben, bedanken! Wir spielen in den kommenden Monaten einige Festivals. Das wäre für euch die Gelegenheit uns live zu sehen! J

 

Zwei der Texte von „Alev“ stammen noch aus Alev Lenz’ Feder. Darf man es als Zeichen einer weiterhin guten Beziehung zwischen ihr und euch sehen, dass ihre Zeilen sich auf eurem zweiten Album finden, selbst wenn sie jemand anderes singt?

 

Alex: Wir wollten diese beiden Songs mit auf dem Album haben. Als Songwriter finde ich sie gut, sie berühren mich und ich kann mich mit den Texten identifizieren.

 

Patrick: Beide Songs waren nicht auf unserem Debüt Album...wir fanden, dass sie sehr gut auf das neue Album passen würden!

 

 

Das Artwork eures neuen Albums suggeriert, dass das Mädel bei euch die Hosen anhat und die Jungs antreibt, welche die Drecksarbeit übernehmen. Welcher Gedanke steckt dahinter? Geben Alev alles für ihre neue Sängerin? Oder hat sich Alex etwa als dominantes Wesen herausgestellt, nachdem sie bei euch angeheuert hat? ;-) Das Cover lässt auf jeden Fall Spielraum für Interpretationen.

 

Patrick: Nein! Das Cover ist eher ironisch... Saner hatte die Idee mit dem Streitwagen und wir fanden diese Idee Super!

 

Alex: Angeheuert habe ich nie. Ich war ein Geheimtipp ;-)) Nee mal im Ernst: wir wollten einfach ein spannendes Cover gestalten, das offen für individuelle Interpretationen ist und das ist uns wohl gelungen :-) Es spielt mit einigen Klischees und ist mit einem zwinkernden Auge aufzufassen. Natürlich stehe ich als Frontfrau im Mittelpunkt der Band, aber hinter den Kulissen sind wir alle gleichberechtigt und stimmen ganz demokratisch ab, wenn es um Entscheidungen geht.

 

Markus Rutten – www.sounds2move.de

 

 

Link: www.alevmusic.de