Interview mit ANDERS HIDLE und VIBEKE STENE von TRISTANIA
Markus: Nach der Veröffentlichung von „World of
Glass“ habt ihr euch ja für ein neues Label entscheiden müssen. Was war für
euch ausschlaggebend, dass ihr euch für Steamhammer entschieden habt?
Anders: Es gab einige Labels, die Interesse daran hatten
unsere Platten zu veröffentlichen. Auch Napalm Records hätte gern weiter mit
uns zusammen gearbeitet. Wir haben uns weniger nach dem Geld orientiert sondern
danach, ein Label zu finden, dass wirklich an uns interessiert ist und uns
wirklich helfen kann. Somit haben wir uns für SPV entschieden, die ja auch
diese Tour mit Nightwish organisieren konnten. Wir haben kürzlich ein Video
aufgezeichnet und sind bisher sehr zufrieden mit unserer Wahl.
M: Außerdem seid ihr bei SPV in gewisser Weise etwas
besonderes. Dort gibt es bisher keine Band wie Tristania. Sie haben dort unter
anderem Kreator und Rhapsody, aber keine Formation, die euch ähnelt. Somit
stecht ihr auch eher hervor.
A: Da bin ich voll und ganz deiner Meinung.
Vibeke: Ganz genau. Wir haben dort eine gute Position
gefunden.
A: Es ist gut für uns, dass wir bei SPV in gewisser
Weise in einer eigenen Liga spielen. Die nächste Band, die annähernd in unsere
Richtung geht ist vielleicht Type O Negative. Und die machen auch schon wieder
ganz andere Musik.
M: Es kommt natürlich noch dazu, dass ihr jetzt mehr
Distanz zu Sirenia habt, die ja auch bei Napalm unter Vertrag sind. Somit könnte
diesen Vergleichen auch in gewisser Weise der Nährboden genommen werden.
V: Ja, wirklich wahr.
A: Genau, das kommt noch hinzu.
M: Lasst uns mal auf euren „neuen Sound“ zu sprechen
kommen. „Ashes“ klingt ja deutlich anders als zum Beispiel „World of
Glass“. Ihr habt die meisten Bombast-Elemente über Bord geworfen und euren
Sound sozusagen entschlackt, wodurch die Platte weniger, manche Leute würden
sagen „überladen“ daher kommt.
A: Da stimme ich mit dir überein. Wir haben es uns zwar
nicht zum Ziel gemacht diesen Weg zu gehen, denn wir machen eine natürliche
Entwicklung mit und sprechen nicht groß über solche Sachen. Als wir jedoch
sahen in welche Richtung sich die Stücke entwickelten haben wir uns dazu
entschieden unseren Co-Producer zu wechseln und in einem anderen Studio
aufzuzeichnen. Es wurde schnell deutlich, dass wir einige Elemente herausnehmen
bzw. ersetzen müssten.
M: Ihr habt ja in Norwegen aufgenommen, in den Top-Room
Studios vor den Toren Oslos. Wie lang haben eure endgültigen Aufnahmen
gedauert?
A: *muss erst mal in sich gehen* Puh, gute Frage.
V: *verschmitzt* 3 Monate?
A: Ja, ich würde sagen so etwa 11 Wochen. Wir haben im
Studio noch an den Songs gefeilt, somit haben wir definitiv sehr viel Zeit
gebraucht. *lacht*
M: Ihr habt ja 3 Vokalisten auf dem neuen Album. Was hat
euch dazu bewogen einen 3. Sänger dazu zu holen?
A: Na ja, in der Vergangenheit war Osten immer als
Gastmusiker für die klaren Gesangslinien auf unseren Alben verantwortlich. Es
war nur eine Frage der Zeit ihn als vollwertiges Mitglied zu involvieren. Die
Variabilität war uns sehr wichtig, denn bei Tristania spielt der Gesang eine
sehr große Rolle. Es war wichtig für jede Art des Gesangs eine starke Stimme
zu haben.
M: Ich habe mir euer aktuelles Album ziemlich oft angehört
in letzter Zeit und ich habe festgestellt, dass man immer wieder neue Details
entdecken kann, die einem vorher nicht aufgefallen sind. Das macht dieses Album
für mich sehr spannend. Habt ihr bei der Produktion großen Wert darauf gelegt,
das macht dieses Album vielleicht erst mal 3-4 mal hören muss um sich rein zu
finden und dann aber auch beim 20. Durchlauf immer noch etwas neues finden kann?
A: Ja, gut beobachtet. Ich liebe diese Art von Alben,
welche wachsen und auf denen man immer Neues entdecken kann. Da gibt es eine
witzige Geschichte, denn auf dem Message-Bord auf unserer Homepage (www.tristania.com
, Anm. d. A.) haben wir ein paar böse Posting von Fans bekommen. Etwa in der
Art „Was zur Hölle ist das für eine Scheiße? Das ist doch nicht mehr
Tristania!“ *lacht* Aber dann haben diese Leute sich etwas mehr Zeit genommen
und zu einen späteren Zeitpunkt noch mal geschrieben. Dann aber „Ich nehme
alles zurück. Die Platte ist großartig, jetzt wo ich sie erkundet habe“. Das
bestätigt, dass man dieses Album mehrmals hören muss um sich zurecht zu
finden. Aber solche Alben halten dann auch mit Abstand am längsten und man
verliert nicht so schnell das Interesse.
M: Meiner Meinung nach klingt das Album auch sehr
organisch. War das der Grund für euch das Album letztlich „Ashes“ zu
nennen?
A: Es gab eigentlich mehrere Gründe für uns dieses
Album so zu nennen. Für mich wurde der Name immer treffender je mehr ich darüber
nachdachte. Wir wollten das Album mit nur einem Wort beschreiben. Einem Wort,
dass treffend zusammenfasst wofür dieses Album steht. „Asche“ kann man auf
viele verschiedenen Arten assoziieren: Zum einen kann es für etwas vollständig
Totes stehen, was für mich sehr gut die dunkle und melancholische Seite dieses
Albums ausdrückt. Aber es kann auch für lodernde Flammen stehen und eine
Aggressivität symbolisieren, was auch ein Aspekt unserer Musik ist. Aber ich
muss dir recht geben, „Ashes“ bezeichnet durchaus diese organische Seite des
Albums.
M: Wie haben eigentlich die Nightwish Fans bisher auf
euch reagiert? Ihr seid ja musikalisch schon ein etwas anderes Kaliber, wenn man
zum Bespiel an den Death-lastigen Song „Libre“ denkt.
A: Im Großen und Ganzen haben wir eigentlich nur
Positives gehört. Wir schauen nach unseren Auftritten immer mal auf unsere
Homepage und bisher waren alle Reaktionen positiv. In erster Linie sind das natürlich
nicht „unsere Fans“, denn die Leute sind wegen Nightwish da. Das heißt für
uns, dass wir um ihre Gunst kämpfen müssen. Zu Beginn der Show stehen sie mit
verschränkten Armen und runtergezogenem Mundwinkel da. Aber am Ende haben sie
die Arme vielleicht in der Luft, klatschen mit und finden Gefallen an uns. Ich
denke mal dass wir ein paar neune Fans gewinnen konnten. Es ist nicht so
schlecht, wenn es nicht deine Fans sind, denn dann musst du wirklich einen guten
Auftritt hinlegen um sie zu überzeugen. Das ist nicht das schlechteste.
M: Zumal einige der Fans ja eigentlich eine andere Art
Musik erwartet haben als sie Karten für Nightwish gekauft haben.
A: Man kann zu dieser Musik stehen wie man will, ich zum
Beispiel höre solche Musik wie die von Nightwish ziemlich wenig. Aber es ist
eine gute Sache, dass solche Bands Erfolge erzielen, denn auf diese Art und
Weise öffnen sie die Tore für andere Bands. Vielleicht sogar für extremere
Musikrichtungen. Die Kids haben vor 3 Jahren New Metal gehört und jetzt haben
sie Nightwish oder Within Temptation für sich entdeckt. Ich finde das ist eine
gute Entwicklung, die in die richtige Richtung geht.
M: Welche Erwartungen habt ihr an eure Konzerte in
Norwegen? Ihr werdet ja im Anschluss an diese Tour mit Nightwish eine Headliner
Tour in eurem Heimatland spielen.
V: Bisher haben noch nie richtig in Norwegen getourt.
Wir haben vielleicht mal ein paar einzelne Konzerte gespielt, in Stavanger und
Umgebung zum Beispiel. In Norwegen sind wir eigentlich kaum bekannt und haben
dort auch noch nie viele Platten verkauft. Daher ist es sehr aufregend für uns
diese Tour zu spielen.
A: Norwegen hat ja nicht so viele Einwohner. Dort ist es
schwer für eine Band wie uns, die eher eine Subkultur anspricht den Durchbruch
zu schaffen. Aber die Erfolge von Bands wie Nightwish stimmen mich
zuversichtlich. Die Akzeptanz von Metal wächst in Norwegen langsam, genau wie
in Großbritannien und den USA. Es wird Stück für Stück immer besser. Mal
sehen was die Zukunft bringt.
M: Und wie ist es mit dem Verhalten der Fans in
Norwegen? Inwiefern unterscheiden sich in euren Augen die Norwegen von den
Deutschen oder beispielsweise den Niederländern?
V: Eigentlich sind die Leute überall anders. In jedem
Land.
A: Genau. In Osteuropa, Polen oder Slowenien zum
Beispiel sind die Leute eher wie die Südamerikaner und können total
durchdrehen.
V: Schon, aber auf eine aggressive, beängstigende Art.
A: Stimmt. Oder zum Beispiel in Holland hatten wir auch
meistens ein tolles Publikum. Aber du hast dort immer den Eindruck dass ein paar
der Leute, wie soll ich sagen...
V: Gerade aus dem Coffee-Shop kommen?
*Gelächter*
A: Genau. Sie sind prima dabei, aber etwas
„relaxter“ und verträumter während wir auf der Bühne versuchen sie
anzustacheln.
M: Also solltet ihr zwischen durch mal einen Song von
Bob Marley oder den Doors covern, damit sammelt ihr sicher Sympathiepunkte.
*Gelächter*
A: Aber um auf das Thema zurück zu kommen: Die Norweger
sind den Deutschen ziemlich ähnlich wie ich finde. Zu Beginn der Show stehen
sie eher gelangweilt mit verschränkten Armen da, was für dich als Musiker natürlich
einiges an Arbeit auf der Bühne bedeutet. Du musst erst das Eis brechen.
M: Werdet ihr im Herbst / Winter vielleicht noch ein
paar Headliner Shows spielen?
A: Also ich bin sicher, dass wir im Herbst wieder auf
Tour gehen werden. Wir werden einen Abstecher nach Amerika machen aber auch noch
mal durch Europa touren. Ob das dann eine Headliner Tour wird oder ob wir wieder
eine größere Bands supporten werden steht aber noch nicht fest.
M: Ihr wart ja nun gestern Support von Nightwish und
spielt heute schon wieder eine eigene Headliner Show. Was bevorzugt ihr persönlich?
Lieber als Support die großen Hallen zu spielen oder doch eher eine eigene
Show, dafür aber in kleineren Hallen?
A: Ich mag eigentlich beides. Es ist natürlich toll,
dass wir für uns selbst werben können wenn wir mit Nightwish auf Tour sind
aber das begrenzt uns auch bei der Zusammenstellung der Tracklist. Und es ist
natürlich auch schön eigene Konzerte zu spielen weil man mehr Freiräume hat.
V: *grinst* Auch wenn wir Angst haben müssen ob überhaupt
jemand kommt.
Interview und Ausarbeitung: Markus Rutten – www.sounds2move.de 02-2005