Interview mit Anders "Blakkheim" Nyström von KATATONIA

sounds2move: Erst mal Gratulation zum kommendem Album! Ihr habt es geschafft euch nochmals zu steigern. War dies ein schwieriger Prozess? So konnte man sich als Fan doch schnell fragen was nach "Viva Emptiness" noch kommen soll.

A.N.: Dankeschön. Richtig, es steckt sehr viel Mühe und eine Menge Arbeit in diesem Album. Ich bin erleichtert, dass es fertig ist und alle zufrieden sind.

sounds2move: "The great cold Distance" klingt wieder sehr Progressiv, ist aber gleichzeitig härter als der Vorgänger ausgefallen. Hat sich dieser Umstand im Laufe des Songwritings ergeben, oder war es geplant?

 

A.N.: Als wir das Songwriting begannen, steuerten wir darauf zu. Mir scheint es, als knüpft "The Great Cold Distance" dort an, wo wir mit "Viva Emptiness" aufgehört haben. Es beinhaltet das wohl härteste und aggressivste Material unserer Karriere. Trotzdem hat es gleichzeitig ziemlich atmosphärische und stimmungsvolle Momente. Verglichen mit "Viva Emptiness" ist der Hauptunterschied, dass "The Great Cold Distance" eine weitaus dynamischere, definitiv härtere und viel professionellere Produktion bekommen hat. Hier stehen wir heute und das repräsentiert uns. Ebenfall findet man verschiedene Highlights auf der CD - abhängig davon in welcher Stimmungslage du dich befindest. Wenn du den traditionellen Katatonia-Song darauf suchst, mit den typischen Hooks und Melodien, dann sind 'My Twin', 'Deliberation', 'July' und 'In the White' solche Nummern. Suchst du das härtere Zeug, dann wohl eher 'Leaders', 'Consternation'. 'Increase', etc. Meine persönlicher Favorit ist 'Followers', wegen seiner extrem kalten und düsteren Atmosphäre.

sounds2move: Auf "Viva Emptiness" gab es einen deutlichen Porcupine Tree - Einfluss. Welche Bands favorisierst du momentan bzw. sind Inspiration?

A.N.: Die gleichen Bands, die wir schon immer gemocht haben. Tool sei dabei als größte Inspirationsquelle zu nennen.

sounds2move: Das Artwork wirkt zusammen mit dem Albumtitel sehr düster und trostlos. Welche Intention steckt dahinter bzw. was ist die zentrale Aussage?

A.N.: Der Titel ist von einer verfallenen Welt inspiriert. Alles läuft auf den Untergang hinaus und das ist unser Weg darüber zu reflektieren. Die Gegenwart, ein Blick in den jetzigen Zustand der Welt, ist die eigentliche Inspiration. Das komplette Kunstwerk spiegelt unsere Gedanken dazu wieder und diese werden so musikalisch, lyrisch und visuell übermittelt.

sounds2move: Entgegen aller Sinnbilder, hat man bei Katatonia-Lyrics stets das Gefühl das wahre Begebenheiten dahinter stecken. Ist das Leben wirklich so leidvoll, oder gibt es trotz allem noch Hoffnung?

 

A.N.: Wenn wir so depressiv wären, wie einige Leute behaupten, dann hätten wir schon vor sehr langer Zeit in eine geschlossene psychiatrische Klinik eingewiesen werden müssen. Dem ist aber nicht so. Die Leute müssen verstehen, dass alles was wir mit Katatonia umsetzen, die Negativität in unseren Leben beinhaltet - aber eben nur Das und nicht mehr. Katatonia wäre auch nicht der Platz für etwas anderes. Katatonia ist der künstlerische Ersatz, unsere Negativität in ehrlicher und kreativer Form bestmöglich auszudrücken. So gesehen ist die Band Therapie für uns - für Leute mit gleichen Ansichten und Vorstellungen. Es ist natürlich einfach, alles auf persönliche Erlebnisse zu beziehen. Unsere Musik und Texte sind aber nur symbolisch zu deuten. Symbole für ein unbehagliches Leben. In der Tat bist du nicht alleine in der Dunkelheit, aber die Dunkelheit ist trotzdem da und erreicht irgendwann jeden... Wir betrachten das Leben als einen fortwährenden Kampf darum, die Oberfläche zu erreichen, nachdem man für alle Ewigkeiten in die Tiefe gefallen ist. Sicherlich gibt es Momente der puren Zufriedenheit im Leben, aber wie lange halten diese an? Ich glaube es lag schon immer in unserer Natur, bei den dunklen Seiten des Lebens anzusetzen, irgendwo zwischen Pessimismus und Realität.

sounds2move: Das erste Mal in der Bandgeschichte gibt es diesmal ein richtiges Musikvideo zur aktuellen Single "My Twin". Ist der Clip nur für Online-Promotion gedacht, oder wird dieser auch auf Musiksendern laufen?

A.N.: Es ist für beides gedacht.

 

sounds2move: Eure Single enthält "Displaced" und "Dissolving Bonds" - zwei  qualitativ hochwertige B-Sides. Wieso habt ihr diese Songs "nur" für diesen Zweck verwendet? Passten sie von der Stimmung her nicht auf das Album?

A.N.: Genau das war der Punkt! Sie wurden nicht ausgewählt, weil jeder meinte sie wären zu schlecht oder unpassend (Achtung Ironie! - Anm. d. Aut.). Sie WAREN genau so gut wie jeder andere Song auf dem Album, aber wir mussten zwei Songs für die Single aussondern. Wir stimmten darüber ab und entschieden, dass diese Stücke die Kandidaten sind. Ich sehe es so: wenn die B-Sides großartig sind, dann gibt das der Single einen um so attraktiveren und besondereren Touch. Gemäß unseren Fans, waren die B-Sides schon immer deren favorisierte Songs. Ich denke diese Tradition sollte auch weiterhin erhalten bleiben.

sounds2move: Mit Sicherheit wird Katatonia 2006 durch Europa touren. Wie sieht es außerhalb des Kontinents aus? Gerade in USA, erlebt skandinavischer Metal in den letzten Jahren einen regelrechten Boom. Gibt es diesbezüglich Pläne?

A.N.: Wir sind kein Teil dieses "Big Booms". Wir haben zwei Konzerte in den USA gespielt und das wars. Wir würden uns diesbezüglich sehr über eine Änderung freuen, allerdings versuchen wir es auch nicht mit der Brechstange herbeizuführen. Die Dinge werden sich eventuell ändern, wenn wir in Zukunft bei einem anderen Label unterzeichnen - einem mit einer amerikanischen Sektion.

sounds2move: Wie sieht es mit Festivals aus? Werden wir Katatonia diesen Sommer auf (deutschen) Open Airs sehen?

A.N.: Ich hoffe doch. Wir warten auf Nachricht unseres Agenten, auf welchen Festivals wir spielen werden. Wahrscheinlich wird in den kommenden Wochen etwas angekündigt. Also einfach regelmäßig auf unserer Seite nachschauen.

sounds2move: Ähnlich wie z.B. bei ANATHEMA oder PARADISE LOST hat sich eure Musik im Laufe der Jahre komplett gewandelt. Heute hört man eine völlig andere Band als noch vor 10 Jahren. Wird diese Tendenz in Zukunft beibehalten, oder ist der jetzige Stil sozusagen die "Endstation"?

A.N.: Wenn du mir "The Great Cold Distance" 1992, nachdem wir unser Demo Tape aufgenommen hatten, vorgespielt hättest  - ich hätte mich geweigert zu glauben, dass das Katatonia sein soll. Trotzdem denke ich nicht, dass es sehr große Unterschiede in Zukunft geben wird. Aber ich kann es auch nicht ausschließen. Könnte ich das überhaupt?

Interview und Ausarbeitung: Nino Liotta + Markus Rutten - www.sounds2move.de

Homepage: www.katatonia.com