Interview mit THOMAS YOUNGBLOOD von KAMELOT / 02.2005

Markus: Wir berichten jetzt schon seit geraumer Zeit immer mal wieder über die Geschehnisse im Bezug auf euer neues Album. Dabei ist es auffällig, dass ihr viele großartige Gastmusiker ins Boot geholt habt, wie zum Beispiel Shagrath von Dimmu Borgir, Jens Johansson von Stratovarius oder auch Simone Simons von Epica. Nach welchen Kriterien habt ihr eure Gäste ausgewählt? Habt ihr für jede Rolle euren Wunschkandidaten gewinnen können?

Thomas: Es ist ja wieder ein Konzeptalbum geworden und somit gab es einige Rollen, die es zu besetzen galt. Es sollten nicht unbedingt nur Musiker direkt aus dem Melodic Metal Bereich sein, aber schon Künstler, die allgemein mit Metal zu tun haben. So haben wir zum Beispiel „Mephisto“, den bösen Charakter in unserer Geschichte mit Shagrath besetzen können. Er war für uns erste Wahl. Das ist eigentlich ne lustige Geschichte, denn Shagrath wohnt nur 10 Minuten von Khan (Sänger von Kamelot, Anm. d. Aut.) entfernt und so konnten sie sich problemlos treffen und über das ganze Projekt sprechen um zu entscheiden ob er diese Rolle spielen will oder nicht. Wir hatten insgesamt ziemliches Glück, denn wir haben alle Musiker für uns gewinnen können, die wir uns gewünscht haben. Jens Johansson wurde beispielsweise von unserem Produzenten Sascha Paeth „geangelt“, da die beiden sich u.a. schon von ihrem gemeinsamen AINA-Projekt kannten. Sascha hat ihm ein paar Tracks vorgespielt und Jens war sofort Feuer und Flamme.

M: Hörst du privat eigentlich eine der Bands, deren Mitglieder jetzt auf „The Black Halo“ zu hören sind?

T: Naja, ich kenne schon die aktuellen Platten von Stratovarius und auch die kommende Scheibe von Epica. Diese Band heißt ja wie unser letztes Album und das hat mich damals neugierig gemacht und ich wollte wissen was es damit auf sich hat. Da habe ich den Kontakt zu ihnen hergestellt. Oder als wir in Norwegen ein paar Aufnahmen gemacht haben konnte ich mir auch das Album von Dimmu Borgir anhören. Vom Gesang her entspricht es nicht unbedingt meinen privaten Vorlieben, aber Shagrath ist ein netter Kerl und er verleiht „March of Mephisto“ mit seiner Stimme natürlich diese gewisse Würze.

M: Kannst du ein paar Worte über das „Rodenburg Symphony Orchestra“ sagen, welches ebenfalls auf dem neuen Album zu hören ist?

T: Im Grunde saßen wir zusammen und sprachen über die Arrangements und die Streicherparts auf dem neuen Album. Dann mussten wir entscheiden ob und wo wir Samples benutzen. Wir haben uns dann eine kleine Gruppe Streicher dazu geholt, welche dann ein paar Passagen eingespielt haben. Das finde ich auch wesentlich atmosphärischer als wenn man nur mit Samples arbeitet. Aber wir wollten es damit auch nicht übertreiben und ein komplettes Orchester dazu holen, sondern nur die Streicher fein einarbeiten. Ingesamt bin ich sehr zufrieden damit.

M: Also war es auch eines eurer Hauptziele das Album nicht mit Einflüssen und Effekten zu überladen sondern alles in einem kleineren Rahmen aufzuziehen?

T: Ja, ich finde diese Nummer mit riesigen Orchestern und jeder Menge Bombast ist mittlerweile etwas ausgelutscht. Für uns war es wichtig in jedem Song nur die Elemente zu haben, die wir auch wirklich brauchen um die Atmosphäre aufzubauen und den Hörer nicht mit unnötigen Nebeneffekten zu überfordern. Es wurden inzwischen schon so viele Alben vollständig mit einem großen Orchester zusammen aufgenommen, dass es für uns einfach nicht mehr interessant und spannend war diese Sache noch einmal aufzuwärmen.

M: Euer Produzent Sascha Paeth hat ja auch ein paar Gitarrenpassagen beigesteuert. Überhaupt hast speziell du schon viel mit Sascha zusammen gearbeitet. Ihr habt zum Beispiel zusammen am AINA-Album gearbeitet und Sascha hat auch zurückliegenden Alben von euch produziert. Stand es für euch also außer Frage erneut mit Sascha zusammen zu arbeiten oder hattet ihr auch in Erwägung gezogen für „The Black Halo“ mit einem anderen Produzenten zu arbeiten?

T: Es gibt viele Gründe, die für ihn sprechen. In erster Linie ist er ein großartiger Produzent und Arrangeur. Außerdem ist er ein toller Gitarrist und er hat ein Gefühl dafür wie unsere Musik klingen soll. Das sind alles Aspekte, die ihn zum perfekten Mann für Kamelot machen. „Never change a winning team“ trifft es ziemlich gut.

M: War Sascha auch derjenige, der dich für das Aina-Projekt begeistern konnte?

T: Ja. Transmission Records wollte mich gern dabei haben und da Sascha derjenige war, der mich angerufen hat, habe ich natürlich sofort zugesagt. Wir arbeiten ja nicht nur zusammen sondern sind auch privat Freunde. Das schafft natürlich ein sehr angenehmes Arbeitsklima.

M: Euer neues Album ist ja wieder ein Konzeptalbum geworden. Ihr  führt die Geschichte von „Epica“ weiter. Gibt es neue Einflüsse auf der Platte im Vergleich zum Vorgänger? Was ist für euch der größte Unterschied?

T: Nun, „The Black Halo“ klingt primär um einiges dunkler als „Epica“, auch die Texte sind düsterer ausgefallen. Beide Alben basieren auf Goethes „Faust“. Aber die größte Inspiration bot uns das wahre Leben. „The Black Halo“ ist in gewisser Weise eine Metapher über Menschen, die nach außen hin total nett und positiv sind, in deren Inneren aber das Böse herrscht.

M: Wie steht es mit euren Erwartungen? Ich bin mir sicher, dass eure Fans dieses Album lieben werden. Aber wie sieht es mit den Leuten aus, die sich in der Vergangenheit nicht so recht mit Kamelot anfreunden konnten?

T: Also das neue Album klingt sehr vielschichtig. Ich bin mir sicher, dass wir damit auch Leute erreichen können, die normalerweise weder Kamelot noch Melodic Metal hören. Das war auch in der Vergangenheit unsere Stärke und hebt uns in gewisser Weise aus der Masse der Melodic Metal Bands heraus.

M: Wird es auch ein Video zu einem der neuen Songs geben?

T: Ja, wir haben sogar schon zwei Videos gedreht. Das eine zu „March of Mephisto“ und das andere zu „The Haunting“.

M: Ist Shagrath im „March of Mephisto“ Video zu sehen?

T: Wir haben die beiden Videos in Schweden aufgezeichnet. Unser Regisseur hat schon mit Dimmu Borgir und Lacuna Coil oder In Flames gearbeitet. Wir haben Shagrath und Simone Simons extra einfliegen lassen um die Videos aufzuzeichnen. Shagrath sieht in dem Video wirklich furchteinflößend aus und die ganze Produktion sieht bisher einfach fantastisch aus. Wir hoffen dass wir bald mit dem Ergebnis „on Air“ gehen können.

M: Also werden die Video pünktlich zum Release fertig sein?

T: Das ist zumindest unser Plan. Ich hoffe dass wir es rechtzeitig schaffen werden. Denn mit einer solch tollen Visuellen Umsetzung kann man immer noch am besten für ein Album werben.

M: Habt ihr vor diesen Sommer auf deutschen Festivals aufzutreten?

T: Im Moment sieht es so aus, dass wir im Sommer ein kleine Auszeit nehmen werden. Aber es kommt ganz auf die Angebote an. Es gibt so viele Festivals und ob wir eines oder sogar mehrere davon spielen ist noch offen. Wir haben jetzt acht Monate am Stück gearbeitet und da ist es sicherlich sinnvoll eine Pause einzulegen. Wir haben ja im Frühjahr noch unsere Tour, auf der uns unsere Fans sehen können. Nach diesen intensiven Monaten und der kommenden Tour müssen wir uns eigentlich erholen. Aber wie gesagt: Wenn wir ein wirklich gutes Angebot bekommen werden wir es uns vielleicht überlegen *schmunzelt* . Ich persönlich würde es vorziehen erst einmal den Kopf frei zu bekommen.

M: Lass uns auf eure bevorstehende Tour zu sprechen kommen. Was erwartet eure Fans? Ihr habt euch sicherlich schon etwas spannendes ausgedacht.

T: Wir haben immer ein Überraschung parat. Dieses mal spielen wir größere Bühnen als je zuvor. Die Lichtshow wird auch sehr ansehnlich sein. Außerdem haben wir sehr starke Supports dabei. Die ganze Tournee wird sehr aufregend, denn wir spielen nicht nur an Orten, an denen wir schon waren, sondern auch in Städten, die wir noch nie besucht haben. Das wird sicher toll.

M: Habt ihr Epica und Kortipelto eigentlich persönlich ausgewählt?

T: Im Grunde genommen schon. Epica waren ja zeitgleich mit uns im Studio und so sind wir auch auf die Tour zu sprechen gekommen und haben überlegt ob Epica nicht ein guter Support für uns wären. Epica kommen zwar mehr aus der Gothic-Richtung, aber wir haben uns gedacht es wäre cool ein paar ihrer Fans mit dabei zu haben und zu sehen wie diese auf die anderen Bands reagieren. Kortipelto waren auch ganz oben auf unserem Wunschzettel. Schon allein weil viele unserer Fans auch Stratovarius mögen da lag es nah Kortipelto als Special Guest einzuladen. Es wird bestimmt großartig.

M: Und außerdem habt ihr die Möglichkeit dass Simone bei „The Haunted“ ihre Parts selbst singen kann, wenn der Song live präsentiert wird.

T: Ja, das ist auch eine sehr schöne Sache. Dann müssen wir nicht versuchen sie zu ersetzen oder gar per Sample einspielen.

M: Kommen wir mal zur Vermarktung eurer Musik. Es gibt ja einige Länder, in denen Metal sehr hoch gehandelt wird. Drei Viertel von euch kommen aber aus den USA. Sicher kennst du dich ein bisschen mit den Gegebenheiten auf dem US Markt aus. Glaubst du in den Staaten gibt es für epischen Metal überhaupt einen nennenswerten Markt? Die Charts dort werden ja zum Großteil von „Black Music“ bestimmt und die Rock oder gar Metal Acts sind doch eher spärlich gesät.

T: Du hast recht, aber ich denke die Szene wächst langsam. Es wird sicher noch 4-5 Jahre dauern bis sich eine nennenswerte Szene entwickelt hat. Aber durch neue Veröffentlichungen in den Staaten und die Videos sind wir in der Lage Headbanger im ganzen Land zu erreichen. Das wird sicherlich hilfreich sein. Außerdem ist es wichtig, dass die Musiker auch untereinander zusammen halten, so wie zum Beispiel bei uns und Shagrath. Dieses Gemeinschaftsgefühl muss einfach viel präsenter sein. Auch wenn so was genreübergreifend passiert ist das ne positive Sachen, wie zuletzt bei Linkin Park und Jay-Z.

M: Es ist sicher auch ein Faktor dass europäische Größen wie Dimmu Borgir oder auch Cradle of Filth beispielsweise im Rahmen der „Ozzfest Tour“ in die Staaten kommen und mit den dort angesagten Künstler zusammen auftreten. Solche Exoten sorgen natürlich für Aufmerksamkeit.

T: Da stimme ich dir zu. Manche der Kids sind mit Nu Metal aufgewachsen und gewinnen dann vielleicht auch Interesse an „normalem Metal“.

M: War es für euch eigentlich jemals eine Frage eure Musik zu ändern um euch vielleicht dem amerikanischen Markt ein wenig zu nähern?

T: *entschieden* Nein, niemals. So etwas wäre verabscheuungswürdig und unehrlich gegenüber unseren Fans! Wir lieben was wir machen und sind zufrieden, auch wenn uns nicht so viele Leute hören. Bei uns wird es auf jeden Fall so weitergehen wie bisher, egal ob wir auf dem US-Markt erfolgreich sind oder nicht. Wir haben immer noch unseren Markt in Europa und Japan. Wir müssen schließlich nicht weltweit Platten verkaufen. Für uns steht es nicht zur Debatte unseren Stil zu ändern um in Amerika anzukommen.

Interview, Übersetzung und Ausarbeitung: Markus Rutten – www.sounds2move.de / 02/03-2005