Interview mit IHSAHN
Bernhard:
Ihsahn, ich frag mal ohne große
Umschweife: Was
dürfen wir von dem ersten Album mit deinem Namen auf dem Cover erwarten? Ihsahn: Nachdem ich Emperor verlassen hatte, hab ich mich
viele Jahre lang der experimentellen Musik gewidmet, deshalb wollte ich
wieder einmal ganz bewusst ein Extreme Metal Album machen. Meine Absicht
war es, nicht nur meine Erfahrung im Black Metal Bereich einzubringen,
sondern alle Einflüsse meiner bisherigen Karriere. Als ich in jungen
Jahren mit der Musik begann, spielte ich in einer Heavy Metal Band, später
in einer Thrash Metal Band, dann in einer Death Metal Band und schließlich
in einer Black Metal Band. Was ich mit „The Adversary“ machen wollte,
ist einfach nur ein Album das wirklich Metal ist. Es gibt progressive
Stellen, Heavy Metal Teile, extremer Metal, Death und Black Metal artiger
Kram – es ist Gewisserweise eine Mischung all dieser Dinge. Hast
du keine Angst, dass das Album durch die vielen Einflüsse zu
uneinheitlich wirken könnte? Nun, da das Album fertig ist, habe ich nicht das Gefühl,
es sei uneinheitlich. Ich denke, dass es in sich konsistent ist. Ich meine
jetzt vor allem die Songs in sich. Ich habe keine wilden Mischungen
gemacht, viel mehr habe ich versucht das musikalische Thema und die
Atmosphäre jedes einzelnen Songs zu erforschen. Das heisst, wenn ich
einen Black Metal Song gemacht habe, dann ist das auch von Anfang bis Ende
ein richtiger Black Metal Song. Wenn es sich hingegen um einen langsamen
Song handelt, dann habe ich mich bemüht, diese Atmosphäre des Langsamen
durch den ganzen Song zu ziehen. Und wenn ich so was wie einen Heavy Metal
Song gemacht habe, dann ist er auch Heavy Metal. Dass alles in sich
konsistent ist, das war mir wichtig. Wie
solo ist „The Adversary“ eigentlich? War ausser dir noch jemand
involviert in den Schaffensprozess dieses Albums? Asgeir Mickelson von Borknagar und Spiral Architect. Er
hat die Drums eingespielt. Ich hatte das ganze Album als Vorproduktion
aufgenommen – inklusive programmierter Drums – und hab ihm das dann
zugeschickt, worauf er im Grunde genommen eine Live Version dessen
trommelte, was ich programmiert hatte. Dann haben wir die aufgenommenen
Dateien noch etwas hin und her geschickt, hie und da etwas geändert, bis
ich gänzlich zufrieden mit dem Ergebnis war. Hätten wir also nicht zufälligerweise
einen Monat zuvor am selben Konzert in Oslo gespielt, hätten wir uns
wegen der Drum Aufnahmen gar nie getroffen. Dann konnte ich noch Garm von
Ulver dafür Gewinnen die Vocals eines Songs zu übernehmen. Aber außer
diesen Beiden, war absolut niemand sonst involviert. Ich hab alle
Instrumente bis auf die Drums eingespielt, ich schrieb alles alleine, ich
sang und mixte alles ab. Es ist also beinahe ein reines Soloalbum.
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Wann
hast du eigentlich mit dem Songwriting angefangen und wann hat es dich ins
Studio verschlagen? Nun, ich lebe praktisch im Studio. Wir (Ihsahn und seine
Frau Ihriel, Anm. d. Aut.) betreiben ja das Symphonic Studio, weswegen ich
eigentlich täglich im Studio bin. Die Idee [ein Solo Album zu machen]
geisterte schon lange in meinem Kopf herum, insbesondere als wir das
Peccatum Album „Lost In A Reverie“ und die EP „The Moribound
People“ aufnahmen. Ein Faktor war auch, dass ich mit Rob Halford in
Kontakt kam und wir zusammenarbeiten wollten. Aber er ging ja dann zurück
zu Priest und hatte dadurch die Zeit nicht mehr. Deswegen musste ich
umdenken. Auf jeden Fall begann der eigentliche Songwriting Prozess im
Januar 2005. Die Arbeit ging mir sehr leicht von der Hand und ich denke,
dass ich bis März mit den grundlegenden Strukturen der Songs fertig war.
Ich bin immer gleich vorgegangen: zuerst das musikalische Skelett der
Songs, dann die Arrangements von A bis Z und dann die Lyrics. Die
Reihenfolge der Songs auf dem Album ist chronologisch – die Songs wurden
in genau der Reihenfolge geschrieben, in der sie auch zu hören sind –
was dem Album eine Art roter Faden verleihen soll. Ein
roter Faden, der sich auch lyrisch durch das Album zieht? Gibt es ein
lyrisches Konzept?
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Es gibt keine direkte Verbindung zwischen den einzelnen
Songs, aber es gibt zwei Hauptthemen, die sich über das ganze Album
hinweg erstrecken. Ich würde sagen, beide spiegeln sich im Titel des
Albums „The Adversary“ (der Widersacher, Anm. d. Aut.) wieder. Ich
empfinde es so, dass das Album von den Leiden und der Folter der Einsamen
handelt. Einsame im Sinne von Figuren wie Luzifer, Ikarus und Prometheus
– also diejenigen, die Fortschritt bringen, die allgemein herrschenden
Meinungen hinterfragen, sich den Konventionen der breiten Masse
widersetzen und sich auflehnen gegen die Autorität und dafür auch
bestraft werden (Luzifer wollte sich Gott nicht unterordnen und wurde aus
dem Himmelreich verbannt; Ikarus setzte sich über den Ratschlag seines
Vaters hinweg und stürzte in den Tod; Prometheus stellte sich gegen Zeus
auf die Seite der Menschen und musste dafür Jahrhunderte der Folter
erleiden. Alles Themen, die Ihsahn auch schon bei Emperor angeschnitten
hatte, Anm. d. Aut.). Das Album hält also die Fackel hoch für diese Art
des einsamen Helden. Parallel zu diesem Thema findet eine harsche Kritik
an denen statt, welche in der Bibel die „Lauen“ genannt werden (Off.
3:15-17, Anm. d. Aut.) also jene Gewöhnlichen, deren größte
Errungenschaft der Versuch ist immer in der Mitte zu bleiben, ja keine Veränderung
zu verursachen und ja nichts zu hinterfragen. Also eine Kritik an der Art
Menschen, die ihr Leben in einem Zustand kollektiven Schlafes fristen. „The
Adversary“ wird zwar auf Mnemosyne Productions (das
Label von Ihsahn und seiner Frau Ihriel,
Anm. d. Aut.) erscheinen, aber
in Kooperation mit Candlelight Records. Wie kam es dazu? Wir haben schon einige Peccatum Scheiben auf unserer
eigenen Produktionsfirma Mnemosyne Productions rausgebracht, für die
Distribution dann aber mit BMI zusammengearbeitet. Aber da das hier ja
eine Metal Scheibe ist, wir die Zusammenarbeit mit BMI abgebrochen haben
und Candlelight uns ein sehr gutes Angebot machte, was die Aufteilung
unserer Ressourcen betrifft, haben wir uns für sie entschieden. Außerdem
hat Candlelight auch schon früher viele Metal Alben für mich verkauft,
sie kennen den Markt und haben das nötige Know-how für die Promotion.
Candlelight war als Partner eine nahe liegende Wahl. Wir haben ja auch
eine lange Geschichte zusammen. Ich arbeite mit Edward Christie [Manager
Candlelight Records] schon seit meinen Teenager-Tagen zusammen. Man kann
sich immer auf ihn verlassen. Ich kenne beinahe jeden, der bei Candlelight
arbeitet und wir wissen alle, was wir aneinander haben, deshalb ist die
Zusammenarbeit mit Candlelight kein großes Risiko. Und bereits jetzt kann
ich sagen: sie leisten auch dieses Mal großartige Arbeit.
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Werden
wir je die Möglichkeit haben, die Songs deiner Solo Platte live geniessen
zu können? Ist Live-Präsenz geplant? Das war schon in meinem Kopf, auch als ich die Songs
geschrieben habe. Es ist also nicht so, dass ich komplett durchgedreht bin
und Songs geschrieben habe, die man unmöglich live spielen kann. Im
Grunde sind alle Songs für eine fünfköpfige Band geschrieben worden.
Natürlich kommen dann noch die Arrangements dazu, aber die eigentlichen
Songs funktionieren mit fünf Leuten. Ich habe darüber auch schon mit
Candlelight gesprochen, aber natürlich ist das jetzt noch etwas früh.
Ich habe erst ein Ihsahn Album geschrieben und einfach zu wenig Material für
ein Konzert. Zudem müsste ich eine Backing Band organisieren und der alle
Songs beibringen, wir müssten viel proben und dazu habe ich gerade jetzt,
da wir ja auch mit Emperor proben müssen, keine Zeit. Es wäre zuviel
Aufwand für das was es wert wäre. Aber wenn diesem Album ein weiteres
folgt - was höchstwahrscheinlich passieren wird, da ich die Arbeit an
diesem so genossen habe – werde ich nochmals ernsthaft darüber
nachdenken. Dann habe ich auch ausreichend Material um eine Songauswahl
treffen zu können. Ihr
werdet ja dieses Jahr mit Emperor auf diversen Festivals auftreten und natürlich
fragt sich jeder Fan nun, ob vielleicht doch die Chance besteht, dass
Emperor nochmals ins Studio gehen und ein neues Album einspielen.
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Wir sprechen über ein neues Emperor Album ausschließlich,
wenn wir von Journalisten darauf angesprochen werden. Wir selbst haben
daran noch nicht mal einen Gedanken verschwendet. Wir sehen diese temporäre
Reunion als Möglichkeit, die Shows nachzuholen, die wir nach der Veröffentlichung
von Prometheus nicht machen konnten. Wenn wir uns ansehen, wie verschieden
sich die Mitglieder von Emperor nach dem Split musikalisch entwickelt
haben und wir zusätzlich noch berücksichtigen, wie die Dinge bei Emperor
am Schluss standen, als ich das ganze letzte Album alleine schreiben
musste, dann macht es wirklich keinen Sinn an eine echte Emperor Reunion
zu denken. Natürlich Emperor ist ein sehr bekannter Name und ein neues
Album wäre auf jeden Fall lukrativ, aber das war nie der Grund wieso wir
Musik machen und wird es auch nicht werden. Wir haben Emperor aus guten Gründen
begraben. Es müsste schon ein Wunder passieren während des anstehenden
Tourens, wir müssten alle wieder auf einen Nenner kommen. Es ist daher
sehr unwahrscheinlich, dass wir je wieder zusammen als Emperor ins Studio
gehen. Was
hast du - außer den Emperor-Gigs und Proben - musikalisch noch geplant im
2006? Die Promotion für mein Solo Album wird mich vorerst noch
in Anspruch nehmen. Mittelfristig haben wir vor weiter mit unserem Label
Mnemosyne Productions zu arbeiten. Dies beinhaltet meine Solo Alben,
Ihriels Star Of Ash Alben sowie gemeinsame Projekte. Zusätzlich wollen
wir auch noch andere Bands finden. Wir wollen mehr Musik rausbringen, ob
wir nun in das Songwriting involviert sind oder nicht. Deswegen haben wir
es ja Mnemosyne Productions genannt, weil wir Bands finden und Musik
produzieren wollen. Ich liebe es wirklich im Studio zu arbeiten. Wenn es
interessante Bands gibt, die von meiner langen Erfahrung im Metal
profitieren wollen, wäre es mir ein Vergnügen für sie als Produzent tätig
zu sein. Was
für Anforderungen muss eine Band denn erfüllen um bei euch Chancen zu
haben? Wir suchen nach der avantgardistischen Seite des Metals,
alles was düster und atmosphärisch ist. Talent, das ist das
allerwichtigste. Wir erhalten bereits jetzt eine Menge Demos, aber wir
sind sehr wählerisch. Es ist uns sehr wichtig Bands zu finden, bei denen
wir auch den Eindruck haben, dass wir etwas mit ihnen erreichen können.
Damit meine ich nicht kommerzielle Erfolge - das interessiert uns nicht.
Wir wollen einfach nur Talente fördern und bei der Erschaffung von Musik
mit Bedeutung behilflich sein.
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Interview: Bernhard Balmer - www.sounds2move.de , Ausarbeitung: Bernhard Balmer & Markus Rutten - www.sounds2move.de
Link: www.ihsahn.com