Interview mit Victor Erdos von EVERWOOD

sounds2move: Lasst uns mit der Frage nach der Bandgeschichte beginnen. Bitte umschreib doch bitte kurz euren Wertegang.

Victor Erdos: Die Band wurde 1997 unter den Namen Neverwood von Attila Tanczer (Keyboard) und Mir gegründet. Tamas Rabel (Drums) und Ference Farkas (Gitarre) schlossen sich im Jahr 2000 uns an und wir absolvierten in der Folgezeit etliche erfolgreiche Gigs zusammen. Unser erstes Demo „Ujjaszuletes“ (Unsterblichkeit) wurde im Februar 2001 fertig gestellt und umfasste 3 Songs. Im Vergleich zu unserer heutigen musikalischen Ausrichtung, waren die Songs eher dem Hard Rock zugewandt und die Strukturen dementsprechend simpel. Dennoch haben wir schon damals versucht, den für uns bestmöglichen Sound und die höchste Qualität zu erreichen.

Balazs „Balu“ Koncz, unser heutiger Sänger, trat im August 2002 in die Dienste der Band und im selben Jahr nahmen wir unsere zweite EP „Jeanne D'Arc (Never Surrender)" auf, wobei wir für diese sehr gute Kritiken erhielten. Danach spielten wir wiederum sehr viel Live und schlossen uns auch einigen Tourneen durch Ungarn an. Im April 2004 organisierten wir das „Taste of Metal“ Festival, bei dem wir auch die Chance erhielten vor Devon Graves (Dead Soul Tribe, ex-Psychotic Waltz) aufzutreten. Ende Juni war es dann soweit, unser erstes vollständiges Album mit dem Namen „Mind Games“ war fertig gestellt. Aufgenommen haben wir es im Studio Bakery und der Sound ist unglaublich klar, roh und doch dynamisch geworden. Für die Gestaltung des Booklet konnten wir den bekannten Gyula Havancsák gewinnen, der schon Covers für Bands wie Annihilator, Grave Digger oder auch Therion gezeichnet hat. Im Dezember desselben Jahres änderten wir dann unseren Namen in Everwood und unterzeichneten einen Vertrag mit dem Griechischen Label Burning Star Records. Zur selben Zeit verließ auch Tamas Rabel die Band.

Im April 2005 richteten wir abermals das „Taste of Metal“ Festival aus, wobei es diesmal in der größten Open Air Halle von Budapest stattfand. Wir traten dort als Headliner auf und das ganze war ein großer Erfolg für uns. Wir spielten auch einen Gig auf der Aftershowparty von Dream Theater und im Juli konnten wir mit Tamas "Toi" Szabo endlichen einen würdigen Ersatz für den vakanten Schlagzeugposten finden. Im September duften wir für Arena als Vorgruppe auf ihrer Anniversary Worldtour auftreten und im Oktober erhielten wir die Chance für einen Auftritt beim wichtigsten Prog-Festival in Ungarn.

sounds2move: Wieso habt ihr eigentlich euren Namen geändert?

Victor Erdos: Weil noch eine andere Band unterm demselben Namen existiert. Dabei handelt es sich um eine finnische Band, die alternative Techno-Musik spielen und wir wollten einfach mögliche Probleme mit ihnen umgehen. Und so entschlossen wir uns das „N“ aus dem Bandnamen zu streichen und es klingt ja immer noch ähnlich wie Neverwood, nur hat der Bandname nun einen positiveren Grundton.

sounds2move: Der Namen hat also keine symbolische Bedeutung für euch?

Victor Erdos: Nicht wirklich. Wir wollten nur einen Namen der sich nicht zu stark von unserem alten unterscheidet. Nicht das die Leute die uns schon kannten, sich plötzlich einen vollkommen neuen Namen merken mussten.

sounds2move: In dem Sinne stand auch kein anderer Namen zur Auswahl?

Victor Erdos: Wir haben es versucht, einen anderen Namen für uns zu finden. Doch die von mir schon erwähnten Gründe, haben uns dazu bewogen das gute alte „Neverwood“ einfach ein wenig abzuändern.

sounds2move: Für „Mind Games“ habt ihr sehr viele gute Kritiken erhalten. Wart ihr von dieser positiven Reaktion überrascht oder habt ihr so was schon erwartet?

Victor Erdos: Nun, wir setzten natürlich all unseren Glauben in das Album und wir waren auch fest davon überzeugt. ein ausländisches Label für den Vertrieb zu finden. Die Unterzeichung bei Burning Star gab uns natürlich zusätzliche Selbstvertrauen, da wir wussten das wir ein gutes Album eingespielt haben. Von daher hat uns die positive Resonanz nicht all zu stark überrascht, wobei wir uns natürlich bewusst sind dass „Mind Games“ erst der erste Schritt darstelle und wir noch einiges verbessern können und müssen. Aber natürlich war es super, die tollen Kritiken zu lesen und es ist ein gutes Gefühl, wenn man weiß dass die CD von vielen Leuten überall auf der Welt gehört wird.

sounds2move: Wie lange habt ihr an dem Album gearbeitet?

Victor Erdos: „Mind Games“ hat uns an die 3 Jahr beschäftig. Also vom Abschluss der ersten Demoaufnahmen bis hin zur Beendigung des Songs „Heart so Cold“, der als letztes geschrieben wurde. Im laufe dieser Zeit haben sich unsere Songschreiberfähigkeiten sehr weiterentwickelt, da wir Dutzende von Auftritten gespielt haben und diese gewonnene Erfahrung hat auf die Songs abgefärbt.

sounds2move: Durch was habt ihr euch zu den Songtexten inspirieren lassen?

Victor Erdos: Die Grundstimmung wird von der Musik bestimmt, von daher kommt bei uns immer zuerst die Musik und dann erst die Texte, die sich dem Grundton dementsprechend anpassen. Dabei kann die Inspiration für einen Songtext kann im Grunde von überall her kommen, sei es aus dem Realen Leben oder der eigenen Vorstellungskraft. So zeichnet der Song “Who’s The One To Blame?” ein leider trauriges aber wahres Bild über das heute Leben, während “The Colonists – Black Leaves Fall” auf einem Kapitel von Ray Bradbury`s Mars Chroniken basisiert und “Heart So Cold” die Geschichte einer nie erfüllten Liebe erzählt.

sounds2move: In dem Fall sind die Songtexte für euch durchaus wichtig?

Victor Erdos: Es gibt viele Bands die kümmern sich nicht um die Songtexte, doch wir zählen uns nicht zu denen. Die Texte sind für uns sehr wichtig, da sie mit der Musik harmonisieren müssen. Sie müssen etwas halbwegs Intelligentes aussagen und auch interessant sein, da wir der Meinung sind dass ein Song ohne einen guten Text nur halb so gut ist.

sounds2move: Kannst du mir einen Lieblingssong auf „Mind Games“ nennen?

Victor Erdos: Das ist wirklich schwer, da alle Songs mir was bedeuten. Doch jene die mir am meisten am Herzen liegen sind “Heart So Cold”, „Remembrances Of A Fallen Angel“, „As The Ocean Cries“ und „Pagan“.

sounds2move: Lass uns nun über den Song “Jeanne D' Arc (Never Surrender)” sprechen, der ja noch von der EP mit demselben Namen stammt. Wieso habt ihr euch dazu entschlossen diesen Song neu einzuspielen?

Victor Erdos: Als wir „Jeanne D' Arc“  zum ersten Mal aufnahmen, hatten wir nur 3 bis 4 neue Songs und wir planten draus eine EP zu machen. Doch die Aufnahmen zogen sich zu lange hin und uns fehlte das Geld für die Fertigstellung von zusätzlichen Songs. Das Resultat war zwar akzeptabel aber im Grunde nicht gut genug. Von daher stand es für uns außer Frage dass wir für „Mind Games“ diesen Song nochmals aufnehmen würden. Und der Song klingt nun viel besser als auf der EP. Er ist härter, schneller und klarer und wir bauten ein Intro und ein wenig Kampfgeräusche ein und somit haben wir aus einem „guten“ Song eine wahre Metal Maschine gemacht.

sounds2move: Wieso habt ihr euch gerade für eine Persönlichkeit aus der französischen Geschichten entschieden und nicht eine historische Figur eures Landes ausgewählt?

Victor Erdos: Der Songtext ist sehr stark vom Film „Joan of Arc“ (mit Mila Jovovich in der Hauptrolle) beeinflusst. Und als wir die Musik dazu schrieben, lief eben gerade dieser Film bei uns im Kino und wir bemerkten dass die musikalische Grundstimmung sehr gut zu dem Thema passen würde. So haben wir dann schlussendlich unsere Version über das Thema Jeanne D' Arc geschrieben.

sounds2move: Ist Jeanne D' Arc für euch ein Symbol für einen ungebrochenen und unbeugsamen Willen?

Victor Erdos: Definitiv! Das ist auch der Grund wieso wir dem Song mit „Never Surrender“ (Niemals Aufgeben) einen zusätzlichen Titel verpasst haben. Wir wollten durch ihr Beispiel verdeutlichen, wie wichtig es für jeden ist für eine Sache Einzustehen und sich nicht unterkriegen zu lassen.

sounds2move: Mit „Pagan“ habt ihr zusätzlich auch ein Instrumentalstück auf dem Album untergebracht. Wieso habt ihr diesen Song auf den Namen „Pagan“ getauft?

Victor Erdos: Das ist eine witzige Geschichte! Das Stück ist der älteste Song auf dem Album und als wir es geschrieben haben, hatten wir noch einen anderen Sänger in der Band (er meint damit wohl Ex-Sänger Johnny Debreczi). Als wir ihm dem Song zum ersten Mal vorspielten, hat er ihn auf Anhieb nicht gemocht. Er war enttäuscht und sagte wütend zu uns dass der Song einen „Retro-Pagan Art“ hätte. Damit wollte er eigentlich den Song kritisieren, doch uns gefiel diese Aussage und wir fragten uns, wieso wir den Song nicht einfach „Pagan“ nennen sollten. Und so kam der Song zu seinem Namen *Lacht*. Jedoch änderte das nichts daran dass unser damaliger Sänger den Song weiterhin nicht leiden konnte und sich weigerte, dazu zu Singen. Von daher beschlossen wir denn Song als Instrumental zu belassen und das ist auch gut so, denn die Musik spricht ja für sich selber.

sounds2move: Im Mittelteil von „Pagan“ habt ihr einige asiatische Melodien eingebaut. Wie seid ihr auf diese Idee gekommen?

Victor Erdos: Die asiatischen Melodien bilden sozusagen den Hauptteil des Songs und verleihen dem ganzen das „Pagan“ feeling. Ursprünglich sollte der Song anders werden, doch während der Studioaufnahmen schrieb Attila diese wirklich guten Melodien. Und als ich die zum ersten Mal hörte, konnte ich es nicht fassen wie schön die klangen. Ich hörte sie mir immer und immer wieder an und bis heute, ist der Song immer noch einer meiner absoluten Favoriten.

sounds2move: Auf eurem ersten Demo “Újjászületés“ waren alle Songtexte noch in Ungarisch verfasst. Ist es denkbar dass ihr irgendwann abermals einen Song in eurer Landessprache aufnehmen werdet?

Victor Erdos: Ich würde schon gerne wieder einmal ein oder zwei Songs in Ungarisch schreiben. Doch jene Songs wären eher die Ausnahme, da wir bei Englischen Songtexten bleiben wollen.

sounds2move: Ist es eigentlich schwer einen Metal Song in Ungarisch zu singen?

Victor Erdos: Nein nicht wirklich, aber es ist definitiv leichter in Englisch. Weil Englisch ist nun Mal die Sprache des Rocks.

sounds2move: Es gibt nicht viele Bands aus der Ungarischen Metalszene, die auch auf dem Internationalen Mark erfolgreich sind. Wieso ist das so?

Victor Erdos: Wir haben viele großartige Bands in Ungarn. Doch die Chance für den großen Durchbruch ist leider extrem gering. Denn die Ungarischen Mainstream Labels interessieren sich nicht für Metal und die Lokalen Bands haben so gut wie kein Geld zur Verfügung. Dadurch ist es fast unmöglich eine vernünftige CD aufzunehmen, wobei gerade ein gut produziertes Album im Internationalen Mark essenziell ist, um sich überhaupt behaupten zu können. Denn es nützt einfach nichts wenn man zwar super Musik schreibt, aber die Aufnahmen wie aus einer Garage klingen.

sounds2move: Wie würdest du die Ungarische Metal Szene umschreiben?

Victor Erdos: Wir haben die unterschiedlichsten Bands, die auch sich Qualitativ sehr voneinander Unterscheiden. Auch gibt es bei uns viele kleine Clubs und wenn man als Band nur ein paar Songs zusammenbekommt, kann man bei uns schon Live auftreten. Das mag zwar auf eine Art gut sein, aber leider sind die meisten Clubs ein Stück Scheiße da der nötige professionelle Background fehlt. So fehlt es z.B. an Soundtechnikern und dementsprechend schlecht werden die Konzerte abgemischt. Die Clubinhaber scheren sich auch einen Dreck um die Bands, meistens werden diese für ihren Auftritt nicht einmal bezahlt und das erhalten von freien Getränken ist auch unvorstellbar. Auch ist die Möglichkeit dass man seinen Bekanntheitsgrad steigern kann eher gering und nur die alten Bands aus den 90er oder auch 80er sind wirklich Erfolgreich. Die Fans und auch die Medien Interessieren sich auch nicht wirklich für neun Bands und es gibt auch keine starkes Underground Label, das den Nachwuchs unterstützen würde. Von daher ist es schwer ein Album aufzunehmen, sich die nötigen Instrumente zu kaufen usw.

sounds2move: Beim „Taste of Metal“ Festival 2004 solltet ihr ursprünglich als Vorgruppe von Dead Soul Tribe auftreten. Doch leider kam es nicht dazu. Kannst du kurz erklären wieso?

Victor Erdos: Dead Soul Tribe mussten ihren Auftritt absagen, da ihr Drummer leider krank wurde. Devon Graves ist dennoch gekommen und hat kurzerhand einen akustischen Auftritt gespielt. Und die Show war sehr gut, mit vielen Fans und es war für uns eine großartige Nacht. Auch konnten wir mit Devon ein wenig übers Musikgeschäft und natürlich die ungarischen Frauen Plaudern. *Lacht*

sounds2move: Magst du eigentlich Dead Soul Tribe?

Victor Erdos: Ich hab bisher nur zwei oder auch drei Song von ihnen gehört und so kann ich nicht sagen ob ich sie mag oder nicht. Jedoch mag ich die Stimme von Devon, er kann einfach wunderschön Singen.

sounds2move: Dann hast du vermutlich auch noch nicht ins neue Album von Dead Soul Tribe reingehört?

Victor Erdos: Bisher leider noch nicht. Aber ich bin sehr gespannt auf das neue Werk und ich werde es mir sobald als möglichst Mal anhören.

sounds2move: Was hörst du Privat für Musik?

Victor Erdos: Mein persönlicher musikalischer Schwerpunkt liegt beim Heavy und Dark / Gothic Metal, aber ich versuche mich auch anderen Bands und Künstlern gegenüber nicht zu verschließen. So höre ich von Red Hot Chili Peppers bis zu Tori Amos eigentlich alles. Aber jeder bei uns in der Band, hat andere Favoritin und mag andere musikalische Richtungen.

sounds2move: Und welche Bands und Künstler bewunderst du?

Victor Erdos: Das sind meine Persönlichen Lieblinge: Rage, Sentenced, Paradise Lost, Iced Earth, Ten, Hammerfall, Anathema, Charon, Entwine, Nightwish, Tori Amos, Age Of Nemesis, Joan Baez, Oliver Hartmann

sounds2move: Sind die einzelnen Bandmitglieder eigentlich noch bei anderen Bands im Lohn und Brot?

Victor Erdos: Toi, unser neuer Drummer, spielt noch in einer Band namens Shortime und sie zocken instrumentalen Jazz-Rock. Und dann wäre da noch ich, da ich zusätzlich noch bei der Dark / Gothic Band Garden of Eden spiele. Der Rest von uns spielt nur bei Everwood.

sounds2move: Könnt ihr von der Musik leben oder arbeitet ihr zusätzlich noch in regulären Jobs?

Victor Erdos: Nun, es ist bisher nur ein Traum das wir von der Musik leben können. Aber wir hoffen dass irgendwann der Tag kommen wird, an dem dieser Traum sich bewahrheitet. Solange hat jeder von uns seinen normalen Job, dem er nachgeht. Toi, Balu und Ferenc arbeiten im Computerbusiness, Attila ist Kellner und ich bin für eine Lebensversicherung tätig.

sounds2move: Kannst du schon was über den Nachfolger zu „Mind Games“ berichten?

Victor Erdos: Wir haben bis jetzt vier Songs fürs neue Album geschrieben, dass einheitlicher werden soll als „Mind Games“. Wir möchten unsere Grenzen erweitern, es soll mehr eingängige Songs geben, wobei wir aber auch unseren bisher progressivsten Song geschrieben haben.

sounds2move: Was habt ihr für Zukunftspläne und was wollt ihr mit der Band noch erreichen?

Victor Erdos: Wir möchten weiterhin Songs für unser nächstes Album schreiben, bis wir im September 2006 uns dann an die Aufnahmen wagen möchten. Wir planen auch ein weiteres „Taste of Metal“ Festival auszurichten, bei dem ein ausländischer Headliner auftreten soll. Auch wäre es klasse wenn wir uns einer Tour anschließen und somit auch das erste Mal im Ausland spielen könnten. Wir glauben fest daran, dass unser zweites Album ein weiterer wichtiger Schritt für uns sein wird. Es wäre auch schön, wenn wir überall mehr Fans gewinnen und somit auch allerorts Auftreten könnten. Und eines Tages würden wir gerne unser Jobs kündigen und nur noch von der Musik leben, denn die Musik bedeutet uns einfach alles!

Interview: Nando Roher, Ausarbeitung: Nando Rohner + Markus Rutten - www.sounds2move.de